HANS-MARTIN KAULBACH Das Bild des Friedens - vor und nach 1648* |
- die Friedenspersonifikation Pax erscheint eingebettet in die Struktur der politischen Ordnung;
- der Kriegsgott Mars wird vertrieben oder ist besiegt und gefesselt;
- Pax und Justitia vereinigen und versöhnen sich im Kuß; den 'Schrecken des Krieges' sind die 'Segnungen des Friedens' gegenübergestellt, sowohl personifiziert als auch in Motiven für die Praxis: Was im Krieg zerstört wurde, wird im Frieden wieder aufgebaut. Der pflügende Bauer als durchgängiges Motiv im Hintergrund der Allegorien ist, der Antike entlehnt, der geläufigste Topos für die wohlstandsschaffende Qualität des Friedens.
I. Die Instanzen der “pax christiana universalis”
Papst Paul III. stiftet "einen allgemeinen Frieden zwischen den Christen, unter besonderem Schutze von Kaiser Carl V. und Franz, dem König von Frankreich, welche beide nach dem Leben gemalt sind. Der Friede verbrennt die Waffen, der Tempel des Janus schließt sich und die Wuth liegt in Fesseln". [7 ]Mit diesen Worten, in denen die Friedensformel von 1648 schon enthalten ist, beschreibt Giorgio Vasari das Fresko im Palazzo della Cancelleria in Rom, das er 1546 mit seinen Mitarbeitern gemalt hat. [8] Papst Paul III. Farnese, der 1538 den Frieden von Nizza vermittelte, ist dargestellt als Friedensstifter in der Rolle der antiken römischen Imperatoren. Der Gestus seiner rechten, nach unten offen vorgestreckten Hand ist vom Reiterstandbild des Kaisers Marc Aurel in Rom entlehnt und wurde von den Zeitgenossen als "atto di pacificatore" verstanden. [9] Tatsächlich aber hatten die Päpste ihre Funktion als universelle Friedensstifter im 16. Jahrhundert schon eingebüßt, in dem Maß, in dem sie selbst als Partei an Kriegen beteiligt waren. [10] Die Vorstellungen von der Souveränität der Monarchen ließen eine übergeordnete Instanz, deren Schiedsspruch sie sich unterzuordnen haben, kaum mehr zu. An Stelle des Schiedsverfahrens traten "diplomatische Mittel der Streitschlichtung", vor allem die Vermittlung durch eine von beiden Seiten akzeptierte, neutrale dritte Partei. [11] Papst Paul III. hatte den Frieden von Nizza nicht gestiftet, sondern als neutraler "Mediator" in getrennten Verhandlungen vermittelt. Zu einem 'Gipfeltreffen' der drei Beteiligten ist es dabei gar nicht gekommen. [12] Nun ist es gerade die Funktion solcher Allegorien, nicht die Ereignisse abzubilden, sondern in der Verherrlichung des Auftraggebers und seiner Dynastie eine übergreifende, ideale Vorstellung zu formulieren. Das Bild der auf eine übergeordnete Instanz ausgerichteten "pax christiana universalis" war jedoch bereits in der Mitte des 16. Jahrhunderts umstritten.
Die andere Universalinstanz des christlichen Friedens war der Kaiser des Hl. Römischen Reiches. Die imperiale, von der 'pax romana' unter Kaiser Augustus abgeleitete Vorstellung des Friedens unter einem christlichen Universalherrscher zentrierte sich im 16. Jahrhundert vor allem um Kaiser Karl V. [13] Auch durch die Abwehr der Bestrebungen nach einer habsburgischen Universalmonarchie wurde diese Vorstellung nicht völlig außer Kraft gesetzt. [14]
1571 erschien als Radierung von Jost Amman ein aufwendiges Programmbild (Abb. 1), das der "Inventor" Wenzel Jamnitzer mit folgender Bildunterschrift Kaiser Maximilian II. widmete: "Form und bildnuß, darinn angezeigt wird, woher aller gewalt und Regierung komme, und welcher massen dieselb zu füren". [15] "In honorem" des Kaisers entfaltet sich im ornamentalen Oval ein Idealbild des Kaisertums als einer mit göttlichem Auftrag verliehenen Herrschaft. Im Zentrum steht ein Postament, das als "Templvm Pacis", Friedenstempel, bezeichnet ist. An seinem Sockel sitzt links Pax mit einem Palmzweig und dem Bienenkorb, Symbole für die Eintracht der Bürger und deren 'süße Früchte'; neben ihr eine abgelegte Rüstung. In der Mitte die Weisheit, die dreigesichtige Sapientia, und rechts Victoria (nach der Aufschrift der Vorzeichnung "krig") in Gestalt der Kriegsgöttin Bellona. Auf dem Podest kniet Maximilian II., dessen Mantel von Justitia und Fides gehalten wird. Zwei Engel überreichen ihm Schwert und Gesetzbuch, zwei weitere halten die Kaiserkrone über ihn. Am Himmel, der sich darüber wie bei einem 'Jüngsten Gericht' öffnet, erscheint oben Christus auf der Weltkugel und direkt darunter der kaiserliche Doppeladler. In den Nischen der Tribuna, die den Friedenstempel halbrund umfaßt, stehen Könige und Propheten des Alten Testaments, obenauf die Kardinal- und Herrschertugenden. Der Text formuliert den göttlichen Auftrag an den Kaiser: "Also übergebe ich Dir dieses Schwert und das Gesetzbuch, damit Hoffnung den Notleidenden sei, Furcht den Bösen" [16], so daß schließlich alles in Frieden gehalten werde. Pax figuriert in diesem Kontext nicht als Resultat der Friedensstiftung, sondern als eines der Prinzipien guter und gerechter Herrschaft. Deren Ideale werden von den Tugenden auf der Ebene des Kaisers personifiziert; Krieg und Frieden sind, auf der eher 'irdischen' Ebene, gleichberechtigte Möglichkeiten, zwischen denen der Kaiser mit weiser Voraussicht zu wählen hat. Unten wenden sich Einmütigkeit, Frömmigkeit und die Kirche, und auf der anderen Seite "aler Nationen des Kaisers leut" mit deutlichen Pathosgesten flehentlich an Maximilian II. Es handelt sich also nicht allein um eine Repräsentation der kaiserlichen Machtfülle, sondern eher um eine Mahnung, den göttlichen Herrschaftsauftrag so auszuführen, daß den aktuellen Nöten abgeholfen wird, formuliert aus des Sicht des Künstlers Jamnitzer, der sich in der Bildunterschrift "Nürnberger Bürger" nennt.
Das Flugblatt zum Westfälischen Frieden von 1648, publiziert von Huych Allardt mit Text in Niederländisch, Französisch und Deutsch [17], gibt unter dem Bibelspruch "Selig sind die Füße derer, die den Frieden verkünden" (Jes. 52,7) ein präzises allegorisches Bild des Friedensvertrages: Der Kaiser steht wiederum in der Mitte, erhöht aufs Schild gehoben. Das 'Band der Eintracht' hält er gemeinsam mit den anderen Signatarmächten, Königin Christina von Schweden und König Ludwig XIV. von Frankreich. Auf beiden Seiten stehen davor die durch den Vertrag auf acht erweiterten deutschen Kurfürsten. Mit Szenen von Händedruck und Beeidigung im Hintergrund wird der vertragliche Charakter der politischen Ordnung für Deutschland und Europa noch unterstrichen. Im Vordergrund sitzen, in zeitgenössischen Kleidern, Justitia und Charitas, und vorne, um zu zeigen, daß der Krieg überwunden ist, sitzt Pax vor einer Trophäe aus zerbrochenen Waffen auf Mars, der sich zwar noch grimmig aufbäumen will, aber keine Kraft mehr hat. Die Randszenen zeigen links 'Schrecken des Krieges' und rechts Motive des Friedens: oben ein Liebespaar, dahinter ein pflügender Bauer und der 'Wiederaufbau', in der Mitte Germania auf zerbrochenen Waffen und unten der weinspendende Löwe vor dem Rathaus, an dem sich die Bürger erfreuen. Bei aller Sorgfalt im Bemühen, den aktuellen Friedensschluß allegorisch exakt darzustellen, ist die traditionelle ikonographische Struktur doch deutlich zu erkennen: Wie im Bild von Jost Amman von 1571 öffnet sich oben der Himmel, und es erscheint als 'göttliche Botschaft': "Ehre sei Gott - Friede auf Erden" (nach Lukas 2,14). Dies ist nicht mehr ein Herrschaftsauftrag an den Kaiser allein, denn nun hängen die Wappen der drei Monarchen am Himmel. Die hierarchische Ordnung jedoch bleibt beibehalten: unter Gottes Namen steht der Kaiser in der Mitte, und zu seinen Füßen sitzen die Tugenden sowie Krieg und Frieden. So erscheint in diesem Flugblatt der Westfälische Frieden insgesamt nicht als eine neue Form der politischen Ordnung, sondern eher als eine den Friedensverträgen entsprechend modifizierte Wiederaufrichtung eines altbekannten Ordnungsbildes.
Die Friedensordnung erscheint aber keineswegs nur als in diesem Mächtedreieck etabliert. Je nach Auftrags- und Interessenlage konnten die fürstlichen Repräsentationen von den als Verlagsprodukte veröffentlichten Bildern des Friedens abweichen. Das extreme Beispiel ist die 'Selbstdarstellung' Kaiser Ferdinands III. und seiner Familie nach dem Westfälischen Frieden. Joachim von Sandrart überliefert das Konzept des Kaisers für sein Gemälde, das nur im Stich von Franciscus van der Steen von 1653 erhalten ist [18]: Sich selbst läßt Ferdinand als Jupiter darstellen, der vor einem Tempel thront und als Weltbeherrscher seinen Fuß auf den Globus setzt. Seine Gattin ist Bellona, die Göttin des Krieges, seine verstorbenen Frauen schweben als Juno und Ceres vom Himmel herab. Seine Tochter ist Minerva, sein Bruder Mars, seine Söhne sind Apoll und Amor. Eine Pax ist nicht im Bild; auf den Frieden verweisen nur der Olivenzweig, den der Kaiser fast drohend erhoben hat, die 'Segnungen' aus den Füllhörnern darüber und die zerstörten Waffen, die den Frieden hier aber als Resultat des militärischen Sieges ausweisen. Damit wird deutlich, wie Ferdinand III. seine in der Bildunterschrift genannte Rolle als "Jupiter Pacificus" verstand.
Das Bild zeigt nicht mehr die 'gottgegebene' Instanz des Kaisertums als Zentrum der Ordnung und der Entscheidung über Krieg und Frieden, sondern der Kaiser erhebt sich und seine Familie selbst in den Rang der olympischen Götter. Dies legt geradezu den Schluß nahe, daß mit dem Westfälischen Frieden kein Bild der Gleichrangigkeit der europäischen Mächte entstand, sondern die Epoche der Herrscherapotheose erst richtig begonnen hatte. Auch Ludwig XIV. ließ sich und seine Familie als olympische Götter porträtieren. [19] Die Rolle des Friedensstifters und die Entscheidung über Krieg und Frieden waren schon im 16. Jahrhundert nicht auf Papst und Kaiser begrenzt; eigentlich jeder Souverän konnte in Lobgedicht und Ikonographie ein 'neuer Augustus' sein, der den Janustempel schließt und das "Goldene Zeitalter" zurückbringt. Die Konkurrenz um das Bild des 'Friedensbringers' zwischen den europäischen Monarchen tritt aber 1648 in eine neue Phase.
"Peace Restored in Europe by King William III." (Abb. 2) [20] - Paulus van Somer zeigt in seinem Kupferstich auf den Frieden von Rijswijk 1697 den englischen König im Zentrum. In selbstsicherer Pose holt er Pax aus dem Götterhimmel auf die Erde herunter. Das "Europa", dem er den Frieden bringt, also Holland, Spanien, das Reich auf seiner Seite und als Gegner Frankreich, ist jedoch nicht dargestellt. Die drei Landespersonifikationen neben ihm sind nur seine Königreiche England, Schottland und Irland. In diesem 'absolutistischen Konzept' des Friedensbildes bleibt der Friede zwischen den Monarchen gerade ausgeschlossen, und die Vermittlung der Pax auf die Erde ist allein 'in die Hand' des einzelnen Souveräns gelegt. [21] Wirksam blieb dieser absolutistische Typus der Friedensallegorie, in der auftragsgebundenen Malerei wie in der Druckgraphik, noch über hundert Jahre nach dem Westfälischen Frieden.
II. Pax am Hofe
Nach 1648 wird, besonders in Frankreich, der Gestus, mit dem der Herrscher die in den Hof eingeführte Pax präsentiert, zu einem Zentralmotiv des absolutistischen Friedensbildes, vielfach variiert etwa in den großformatigen Almanach-Kupferstichen. So vermittelt Ludwig XIV. im Jahr nach dem Frieden von Aachen 1668 mit offener, auf Pax weisender Hand den Betrachtern das Erscheinen des Friedens, der von "Ceres, Göttin des Überflusses" in den französischen Hof geführt worden ist (Abb. 4). [24] Auf einem anderen Almanach für 1669 steht Pax im Zentrum und deutet auf das oben von zwei Putten gehaltene Bildnis des Friedensvermittlers, Papst Clemens IX. [25] Wird diesem hier im Text die "Mediation", die Vermittlung des Friedens, zugeschrieben, so liegt der Auftritt von Pax doch allein in der Hand des Herrschers. Dies konnte sich sogar soweit steigern, daß der französische König schließlich Pax an der Hand aus dem Friedenstempel führt oder sie, selbst auf den Wolken thronend, vom Himmel auf die Erde herunterbringt. [26]
Nimmt der Herrscher in solchen Allegorien die Rolle des Friedensstifters ein, so kann in allegorischen Porträts die Fürstin selbst mit Pax identifiziert werden. Jeremias Falcks Bildnis der Königin Christina von Schweden zeigt sie, einer älteren Tradition folgend, mit den Attributen der Minerva. [27] Jan Lievens ging in seiner "Verherrlichung" des Friedens, 1652 gemalt, einen Schritt weiter: Nun bekränzt Minerva eine Dame, die, porträthaft und im zeitgenössischen Gewand, einen Ölzweig hält und die Rolle der Pax einnimmt. Modell für die Hauptfigur war Louise Henriette von Oranien. [28] Das Doppelbildnis von Anne d'Autriche, Mutter Ludwigs XIV., und seiner Gattin Maria Theresia, von Simon Renard de Saint-André 1663 der Académie royale als Aufnahmestück präsentiert, wird durch Komposition und Attribute zugleich zur Allegorie, die an den Pyrenäenfrieden von 1659 erinnert. Anne d'Autriche mit dem Helm der Minerva und Maria Theresia mit Ölzweig und Füllhorn des Friedens legen ihre rechten Hände zum Zeichen für Versöhnung und Verbindung ineinander. Mit den allegorischen Anspielungen und Verkleidungen integriert sich der Friede als weibliche Rolle in das Bild der fürstlichen Dynastien.
III. Pax beim Volke? Die Segnungen des Friedens
"Jetzt sol der Bawr mit lust seins Ackers wieder pflegen / Der Kaufmann soll sich auch sehr embsich wieder regen / Sein G'werbschafft weit und breit ub'rall wird schicken hin / Da jhm sein Handel best schafft viel nutz und gewinn". |
Im Gegensatz zur Bindung von Pax an Position und Handeln der Herrscher sind Bilder, in denen die Friedenspersonifikation mit dem Volk in Beziehung tritt, selten. Im Jahr 1641, noch vor Beginn der eigentlichen Friedensverhandlungen, malte Hendrick Maartensz. Sorgh die "Segnungen des Friedens" in der Komposition einer Huldigungsszene (Abb. 5). [31] In Gestalt eines weißgekleideten jungen Mädchens sitzt Pax hell erleuchtet erhöht auf einem Thron. Bauern bieten ihr, vor den Stufen kniend, die Früchte ihrer Arbeit dar, während ein Soldat am Rande seine Waffen abgelegt hat. Die 'Abrüstung' ist auch in den auf einen Haufen geworfenen Waffen im Vordergrund augenfällig. Das Kind, das einen neben Pax liegenden Löwen am Bande hält, und Wolf und Lamm, die einträchtig nebeneinander liegen, sind Motive antiken und biblischen Ursprungs für Versöhnung und das Ende der Feindschaft. [32] Im Durchblick in den Hintergrund ist das Umschmieden von Schwertern zu Pflugscharen zu sehen, in dem sich eine weitere biblische Friedensprophezeiung (Jesaja 2.4) realisiert. [33] "Unter meiner Herrschaft blüht alles" - die Inschrift über dem Thron läßt Pax aus der Bindung an eine Herrscherfigur gelöst erscheinen und setzt sie selbst in den Rang einer herrschenden Instanz. Diese Position, und ebenso die ihr erwiesene Verehrung des Volkes, bleibt jedoch außergewöhnlich. Sie erklärt sich aus der niederländischen, besonders der städtischen Perspektive, in der ab etwa 1640 der Wunsch nach Frieden und nach dem Ende der Kriegskosten stärker wurde als die Aussicht auf Gewinne durch weitere militärische Erfolge. [34]
In der ereignisbezogenen Druckgraphik ist es nicht dieser Zustand des herrschenden Friedens, sondern sein Erscheinen, das die Zuwendung des Volkes auslöst. Das französische Blatt "Die Rückkehr des Friedens" von 1649 [35] zeigt Pax, von Chronos auf einer Wolke herabgeleitet, vor dem Rad der Fortuna. Im Hintergrund der vielfigurigen Szene versammeln sich Bürger um einen - wohl den Friedensschluß verkündenden - Reiter; am Rand ist ein Maler bei der Arbeit, umgeben von Instrumenten als Motiv für die Blüte der Künste und Wissenschaften im Frieden. Im Zentrum wendet sich ein älteres Paar mit bittenden Gesten Pax zu, die ihnen ihren Ölzweig entgegenhält, während ein Mann beginnt, die aus dem Füllhorn fallenden Früchte zu sammeln. Die Erlösungshoffnung im Moment der Wiederkehr des Friedens formuliert sich in der vergleichbaren Haltung der kniend bittenden Personifikation Deutschlands auf dem Flugblatt "Lob-Gedicht". Auch hier ist Pax auf Wolken vom Himmel herabgekommen und trocknet Deutschlands Tränen. Betont der Text einerseits, daß Gott die Wohltaten des Friedens beschert hat, wird andererseits der aktuelle Bezug in den Hintergrundszenen doch deutlich gezeigt: links die Friedensverkündigung mit Trompetenschall, rechts die Unterzeichnung durch die Gesandten.
Auf Jacob von Sandrarts Flugblatt "Wunsch und Seuffzer Zu der bevorstehenden Römisch-Teutschen Keyser-Wahl" (Abb. 6) [36] ist diese Kombination von Aktion der Friedenspersonifikation mit einer Szene politischer Handlung bewahrt, jedoch in einem veränderten Verhältnis. Nun steht Pax auf der Erde, umringt vom bittenden Volk, und schüttet ihr Füllhorn aus. Städtebau und Landarbeit im Hintergrund sind übliche Topoi. Zahlreiche Figuren beten mit inbrünstigen Gesten zum Himmel, und in den Wolken erscheint, als imaginäre Szene, das Kurfürstenkollegium bei der Kaiserwahl, zu dem aus dem Himmel die Taube des Heiligen Geistes fliegt. Ein langes Gedicht erläutert in 32 Strophen den Inhalt der Gebete, in deren Zentrum die Hoffnung steht, mit der Wahl mögen Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand Dauer erhalten:
"16. Der Krieg hat viel genommen; es braucht noch langen Fried / viel wieder zubekommen / daß wir verarmen nit. der Krieg hat uns verzehret / an Mangel reich gemacht: der Fried uns wieder nehret; den nehmt ach nehmt in acht!" |
Mit seltener Eindeutigkeit faßt das Bild die Wünsche des Volkes, daß sich die 'Segnungen' des Westfälischen Friedens anhaltend ausbreiten mögen, direkt in einen Appell an die regierenden Instanzen. Im Text allerdings ist nicht die völlige Abwesenheit des Krieges, sondern vielmehr seine Ablenkung genannt:
"18. [...] daß Mars nit werde können uns kommen vor das Thor. Hinweg / hin zu dem Türken mit Krieg und würgerey / da kan er gutes wirken: hier ist kein glück darbey." |
Die gottgesandte "pax christiana" bleibt so auch nach dem Westfälischen Frieden auf die Perspektive des Krieges "nach außen" begrenzt. [37]
IV. Der Triumph des Friedens
In Allegorien auf den Westfälischen Frieden ist, stärker noch als die Zuordnung der Friedenspersonifikation zu einzelnen oder mehreren Herrschern, der 'Triumphwagen des Friedens' das dominierende Modell: Pax nimmt die Position des triumphierenden Herrschers ein. Mit den Holzschnitten nach Mantegnas "Triumph Caesars" und vor allem mit Dürers allegorischem "Großen Triumphwagen Kaiser Maximilians" von 1522 standen die Muster für Herrschertriumphe in der Druckgraphik zur Verfügung. Es fällt dennoch auf, daß sich die Triumphwagen zum Westfälischen Frieden deutlich von einer Reihe von "Friedenstriumphen" ableiten, die 1564 mit Marten van Heemskercks vielkopiertem "Kreislauf des menschlichen Handelns" begann. Heemskerck hatte den Antwerpener "Ommegang" von 1561, einen Umzug mit Bilderwagen, wiedergegeben, in dem der Triumph des Friedens eine Folge im "Kreislauf des menschlichen Daseins" war: Reichtum - Hochmut - Neid - Krieg - Armut - Demut - Frieden, der wieder den Reichtum bringt. [39] Dieser Charakter eines vor Publikum aufgeführten Friedenstriumphes blieb in der allegorischen Druckgraphik, vor allem in den Niederlanden zur Pazifikation von Gent 1576 und zum Zwölfjährigen Waffenstillstand 1609 vielfach erhalten. [40]
Das Flugblatt auf den Waffenstillstand von 1609 zeigt die Elemente dieses Modells (Abb. 7). [41] Als Hauptfigur sitzt die Personifikation des "Bestands", umgeben von den Herrschertugenden, im Wagen, den der Friedensunterhändler Pater Johan Ney lenkt und den die Könige Henri IV. von Frankreich und Jacob I. von England begleiten. Auf den Zugpferden das Brüsseler Statthalterpaar Albert und Isabella; hinter dem Wagen der gefesselte Mars. Auch die Richtung ist angegeben: Der Wagen fährt zwischen die unter Baldachinen thronenden zwei niederländischen Staaten, das "den Erzherzögen untertane" Belgien vorne rechts, neben dem der spanische König und Spinola stehen, und gegenüber auf der 'Sonnenseite' "Belgica Liberata", das "freie Niederland" mit Moritz von Nassau-Oranien und zwei "Ordines". Am Himmel die mythologische Überhöhung: Mars verläßt seinen Wagen und steigt um zu Venus - 'make love not war'. Fama verkündet mit der Doppeltrompete die Neuigkeit, die mit einem Lobgedicht erläutert wird; das Flugblatt bringt aber auch den gesamten Text des Waffenstillstandsvertrages.
Dieses elaborierte Modell des allegorischen Triumphwagens wurde auch während des Dreißigjährigen Krieges angewandt. Auf verschiedenen Flugblättern mit dem Triumph Gustav Adolfs aus den Jahren 1631/32 ist die Friedenserwartung schon einbezogen. Auf dem "Herrlichen Triumphs Platz" erwarten Tugendpersonifikationen vor den Säulen "Gloria" und "Victoria" den reitenden König, während Misericordia mit Blick auf ihn die darniederliegende "Euroba" aufrichtet und sich Pax und Justitia im Kuß vereinen. [42]
Die unterschiedlichen Interpretationen des Westfälischen Friedens lassen sich an den Varianten von 1648 deutlich ablesen. Der Stich mit dem Wappen des Bischofs von Eichstätt etwa [43] setzt der triumphierenden Pax die Kaiserkrone auf und läßt den Putto auf dem Reichsadler über ihr weitere Insignien tragen. Neben Pax sitzen die Genien der Scientia und der Religio mit Kreuz, Kelch und Hostie. Es ist also ein durchaus kaisertreuer und katholischer Friede, der hier triumphiert, aber 'im Rahmen' der politischen Prinzipien, die den Friedensschluß ermöglicht haben und im Frieden nun auch regieren sollen: Bestimmungsort des Wagens ist der Raum zwischen den vier Säulen "Vaterlandsliebe, Amnestie, Neutralität und Staatsräson". Der Bauer, der im Hintergrund pflügt, ist wiederum der häufig eingesetzte Topos für die konkreten Folgen des Friedens: Die landwirtschaftliche Produktion kann erneut beginnen, man wird nicht mehr hungern.
Auf Martin Zimmermanns Flugblatt von 1648 ist es der Triumphwagen des Kaisers selbst, in dem der "theuwre und edle Frieden" unter den sieben Säulen und dem Baldachin des Reiches dem Kaiser gegenübersitzt. [44] Auch hier ist mit den Säulen "Liebe zum Vatterland" und "Rathschlag mit vernufft", die den Triumphbogen tragen, ein Ziel des Zuges angegeben. Der von Wolfgang Kilian gestochene "Augspurgische Friden-Wagen" [45] trennt dagegen die drei Monarchen, die in dem langen Triumphzug unter einem Baldachin reiten, vom eigentlichen Triumphwagen, in dem Pax mit Fides, Libertas und Iustitia sitzt, begleitet von weiteren Tugenden und gefolgt vom gefesselten Krieg und seinen Lastern. In anderen Varianten sitzt Kurfürst Johann Georg von Sachsen als 'Friedensbringer' mit Pax im Wagen oder nimmt sogar selbst ihre Position ein. [46]
Auf Salomon Saverys Allegorie auf den Frieden von Münster dagegen hält der Friede triumphalen Einzug im Haag. [47] Pax ist hier, zusätzlich zu Ölzweig und Füllhorn, mit Mauerkrone und Freiheitshut ausgestattet und figuriert damit auch als Personifikation des Landes, das nun seine staatliche Freiheit 'nach Hause bringt'. Der Text "Ein Friede ist besser als unzählige Triumphe" mahnt in diesem Kontext, den Frieden nun auch zu halten und nicht auf künftige militärische Triumphe zu setzen. Auch dieses Blatt bindet den von Personifikationen der Kardinaltugenden begleiteten Triumphwagen, dem die Vertreter der "Staten" vorausgehen, in eine übergreifende allegorische Deutung ein. Den wappengeschmückten Triumphbogen bekrönt Fortuna, Göttin des wechselvollen Glücks. Dem Triumph Gustav Adolfs und dem "Augspurgischen Friden-Wagen" schwebte sie voraus; hier nun kehrt sie sich zu dem Triumphzug um, über dem sie ihr Füllhorn ausschüttet. Mit der Inschrift des Bogens soll die biblische Friedensprophezeiung ihren Ort in der Realität finden: "Es möge Friede sein in deinen Mauern, und Glück in deinen Palästen" (Psalm 122,7). Über dem Engelskonzert am Himmel schließlich überhöht ein Schriftband die Allegorie mit der christlichen Friedensbotschaft "Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden den Menschen, die guten Willens sind" (Lukas 2,14). Die Druckplatte zeigte ursprünglich den siegreichen Einzug Friedrich Heinrichs 1629 im Haag und wurde zum Frieden von Münster 1648 dann umgearbeitet [48], ein besonders deutlicher Beleg für die Ambivalenz von Fürsten- und Friedenstriumph.
Adriaen van Nieulandt hat sich in seiner Allegorie von 1650 auf diesen und andere Stiche bezogen, aber zwei Bildebenen deutlich differenziert. [49] Während im Hintergrund Pax der Personifikation der Vereinten Provinzen die Hand gibt und Statthalter Wilhelm II. von Nassau-Oranien den Ölzweig überreicht, steht Friedrich Heinrich als Sieger im Triumphwagen; hinter ihm Libertas mit dem Freiheitshut im Disput mit Religio. In den Bildprogrammen der Oranier ist die Deutung des Friedens als Fürstentriumph ausgeprägt, vor allem im "Oranjezaal" von Huis ten Bosch. Das monumentale Gemälde der Hauptwand, "Der Triumph des Prinzen Friedrich Heinrich" von Jacob Jordaens, zu dem es mehrere Entwürfe gibt, läßt Pax vom Himmel über den Wagen des Triumphators herabschweben, der mit allen Attributen eines militärischen Siegers ausgestattet ist. [50] Der Friede selbst dagegen zieht durch eine Seitentür ein, die ihm, von van Couwenbergh illusionistisch gemalt, Herkules und Minerva öffnen. [51] Als Folge des Sieges, nicht des Friedensschlusses schließlich erscheint auch der "Triumphus Pacis" von Cornelis Schut. [52]
V. Vom 'universalen' zum 'zwischenstaatlichen' Frieden: der Friedenstempel
Für die Geschichte der Friedenskonzepte wäre dies ein fundamentaler Umbruch: Der Friede löst sich aus der Einbindung in die Struktur eines Herrschaftskonzepts und wird zur Angelegenheit zwischen den Staaten. Auf das 'universale' folgte das 'absolutistische' Bild des Friedens. Gleichwohl entwickelte sich nach 1648 daneben auch ein neuer Typus der Allegorie auf den zwischenstaatlichen Frieden: der Tempel des Friedens.
Das Motiv des Friedenstempels war schon zuvor in Verwendung, einbezogen in die Struktur der Reichsherrschaft etwa auf Jamnitzers Allegorie auf Kaiser Maximilian II. (Abb. 1). Der Tempel des Friedens, im antiken Rom auf dem Höhepunkt der Verehrung von Pax unter Kaiser Vespasian 75 nach Christus errichtet, war aus Erwähnungen in der antiken Literatur bekannt. [54] "Friede war von den Alten für eine Göttin gehalten / und hatte zu Rom den schönsten und herrlichsten Tempel / also daß die ausländischen Völcker denselben zu besuchen Hauffenweis zulieffen", schrieb Joachim von Sandrart in seiner "Iconologia Deorum". [55] Seine "Friedensmadonna" von 1648 stützt ihre linke Hand, in der sie einen Ölzweig hält, auf einen als "Tempel des Friedens" bezeichneten antikischen Rundtempel, der so zum Attribut von Maria als der Verkörperung des gottgewollten Friedens wird. Zum Abschluß der Nürnberger Friedensexekutionsverhandlungen 1650 wurde als Teil einer Fest- und Feuerwerks-Inszenierung ein "Tempel des Friedens" errichtet, dem ein "Castell des Unfriedens" gegenüberstand, dokumentiert in mehreren Flugblättern und in Gedichten von Johann Klaj. Auch bei den Feuerwerksinszenierungen zu den Feiern späterer Friedensschlüsse stand vielfach ein Friedenstempel im Zentrum. [56]
Der entscheidende Schritt von der attributiven Einbindung zur Aufwertung des Friedenstempels zu einem Ort, an dem der Friedensschluß stattfindet, vollzog sich nicht zum Westfälischen Frieden, sondern erst zum Pyrenäenfrieden von 1659. Als Frontispiz zu einem Lobgedicht aus Anlaß des Pyrenäenfriedens erschien 1660 die erste Allegorie, die diesen Typus verwendet, ein Stich von Gabriel Le Brun mit dem "Tempel des dauerhaften Friedens, den Kardinal Mazarin errichtet hat". [57] Der offene Tempel, zwischen dessen Säulen Tugendpersonifikationen stehen, hat eine Statue der Pax als zentrales Kultbild. Auf den Stufen davor stehen im Gespräch die gekrönten Personifikationen der Länder, die den Frieden schließen. Frankreich deutet mit der rechten Hand auf die 'Friedensgöttin' hin, doch sind die Gesten mehrdeutig und stellen die Frage nach dem nächsten Handlungsmoment: Werden sich Spanien und Frankreich im Händedruck verbinden, in Umarmung versöhnen oder argumentieren sie darüber, wer als erste den Tempel betritt?
Hier hat sich jedenfalls die Position der Pax gegenüber dem Bild der Herrschaft, wie es auf Jost Ammans Radierung (Abb. 1) gegeben war, grundlegend geändert: Nun wird der Friede selbst zur übergeordneten Instanz und der Friedensschluß zu einer kultischen Handlung nach antikem Muster, die von den Personifikationen der Länder vor ihren Völkern vollzogen wird. Durch die Widmungsinschrift dient das Bild zugleich als allegorische Überhöhung der Politik Kardinal Mazarins. Der Krieg ist dabei, anders als in den Allegorien auf den Westfälischen Frieden, nicht überwunden. Mars stürmt die Treppen herab, verjagt die Laster und wendet sich dabei nach links. Die Türken am linken Rand sehen das mit Erschrecken - sie befürchten, sein nächstes Opfer zu sein. So stellt sich als mögliche Folge ein alter Topos wieder her: Friede zwischen den christlichen Ländern Europas hat den Krieg gegen die Türken zum Ziel.
Bernard Picart veröffentlichte sein Blatt "Traitez de Paix" 1726 (Abb. 8) nicht als Allegorie auf einen bestimmten Frieden, sondern als 'Musterbild' für den Friedensschluß allgemein. [58] Am "Altar des Friedens" auf den Stufen des Tempels reichen sich die Fürsten die Hand. Picart erläutert diesen Vertragscharakter, indem er Pax und Justitia auf den Sockel setzt und damit das alte Bild der Versöhnung von Gerechtigkeit und Frieden (nach Psalm 85, 11) ins Zentrum stellt. [59] Unter den Personifikationen im Tempel sitzen auch die des Völkerrechts und des Naturrechts. Kontext dieser Allegorie ist die Diskussion um Völkerrecht und Frieden nach 1648. Die Institutionalisierung des Friedens, die hier imaginiert wird, findet sich auch in den großen Traktaten zum "Ewigen Frieden" im 18. Jahrhundert, obwohl sie natürlich von der Realität weit entfernt blieb. [60]
Dieser Kult des Friedens mit dem Tempel als Ort, an dem sich die Staaten im Friedensschluß vereinen, blieb in verschiedenen Varianten durch das ganze 18. Jahrhundert aktuell, so noch zum Frieden von Versailles 1783. [61] Etwa seit dem Frieden von Belgrad 1739 konnte auch das Osmanische Reich in dieses Bild einbezogen werden. [62] Erst damit löste sich der säkularisierte Mächte-Frieden vollständig von den alten Grenzen der "pax christiana". [63] Zum Frieden von Amiens 1802 wurde der Typus nochmals wiederbelebt, allerdings modifiziert: In die Rolle des zentralen Friedensvermittlers ist Napoleon gerückt. [64]
VI. Die Institutionalisierung der Friedenskongresse
Das Flugblatt von Rombout van der Hoeye zum "Vrede van Munster" [66] zeigt deutlich, wie sich das Interesse der Öffentlichkeit genau auf den Ablauf des Friedenskongresses richtet: Als Hauptbild ist der Austausch der Vertragsurkunden hervorgehoben, die Randszenen schildern Ankunft der Gesandten, die Beeidigung und das "Theatrum" der Proklamation. [67] Im Unterschied zu Jonas Suyderhoefs berühmtem Stich nach dem Gemälde von ter Borch [68] basiert dieses Blatt nicht auf der Augenzeugenschaft eines Künstlers [69], sondern bedient die Erwartung nach präziser Wiedergabe von Ereignis und Umständen mit fiktiven Szenen. Der dargestellte Saal des Mittelbildes etwa ist nicht der reale "Friedenssaal" im Rathaus zu Münster.
Das graphische Schema von Haupt- und Randszenen für solche Ereignis-Blätter ist nicht neu. [70] Neu ist aber, daß der Westfälische Friede nicht mehr nur allegorisch dargestellt, sondern in bisher nicht gekanntem Ausmaß Gegenstand der Bildberichterstattung wird. Die Friedensschlüsse 1648 und danach die Nürnberger Verhandlungen 1649/50 waren offenbar die ersten, zu denen neben die "Zinneprenten", die allegorische Graphik, in signifikanter Häufigkeit "Historieprenten" traten, die Abbildungen der Ereignisse selbst boten. [71]
Von da an wird auf Flugblättern, in Einzelszenen oder in solchen Kombinationen, jeweils der Kongreß selbst zum Thema. Damit entsteht ein neues Bild für den Friedensschluß: Er ist nicht mehr von einer Instanz gestiftet, sondern diplomatisch ausgehandelt. Akteure sind nicht mehr nur die Souveräne, sondern die Diplomaten. Wie in den großen Stichserien der "Pacificatores Orbis Christiani" die Porträts der Gesandten festgehalten werden als Dokumentation der Personen, die den Frieden tatsächlich zustande gebracht haben, und nun nicht mehr hinter Papst oder Kaiser zurücktreten, wird in solchen Flugblättern das Abbild der Ereignisse selbst zum Dokument dafür, daß der Friedensschluß 'real' ist.
Vor allem Romeyn de Hooghe hat dieses Schema zum Frieden von Breda 1667 graphisch weiter ausgearbeitet. [72] Auf seiner Radierung zum Frieden von Westminster 1674 [73] setzte er die allegorische Feuerwerksinszenierung, in der Pax über den Länderpersonifikationen steht, wie ein Gemälde gerahmt sogar ins Zentrum. Auf einem anonymen Flugblatt zum Frieden von Nijmegen 1678 ist im Mittelbild unter den zahlreichen Gesandten im Konferenzsaal die Beeidigung kaum mehr auszumachen. Die meisten Randszenen, übernommen aus Romeyn de Hooghes Blättern von 1667, gelten den öffentlichen Feierlichkeiten und Inszenierungen, etwa den Feuerwerken. [74]
Vielfach machen die Blätter selbst das Verhältnis von Ereignis-Szene und Allegorie zum Thema. Auf einem Flugblatt zum Frieden von Utrecht (Abb. 9) [75] steht in der Mitte ein "Vreede-Zinne-beeld", in dessen Zentrum Pax auf dem Globus sitzt. Es ist gerahmt wie ein Gemälde und deutlich von den umgebenden Kongreßszenen abgesetzt. Wird der Bildbericht über den Kongreßverlauf notwendig, um den Frieden real erscheinen zu lassen, bleibt doch die Allegorie als überhöhendes Deutungsangebot unverzichtbar.
Solche Flugblätter sind keineswegs immer exakte 'Bildreportagen' des tatsächlichen Handlungsverlaufs. Zu fast allen Friedensschlüssen nach 1648 wurden sie kopiert oder variiert, wobei sich Übernahmen bis Utrecht 1713 und Aachen 1748 nachweisen lassen. Doch prägte sich dabei geradezu eine eigene Standard-Ikonographie für den Friedenskongreß aus: von der Ankunft der Gesandten über die Verhandlungen, die Unterzeichnung und die Beeidigung der Verträge, den Austausch der Urkunden, die öffentliche Proklamation bis hin zu den Festbanketten, Feuerwerken und anderen feierlichen Inszenierungen. [76] In der Bildpublizistik bindet sich die öffentliche Friedenserwartung geradezu an solche Szenen des Kongresses. Dies hat Folgen für die Inszenierung diplomatischer Ereignisse in den Medien bis heute: Zu jeder Gipfelkonferenz müssen in Film und Foto die Zusammenkunft am Konferenztisch, das Unterschreiben von Verträgen und der Händedruck gezeigt werden. [77] Für das Bild des Friedens liegt in dieser Verbindung mit den Szenen des Kongresses, der Repräsentation friedensschaffender Diplomatie, langfristig die weitreichendste Folge des Westfälischen Friedens.
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