KARIN HELLWIG Kunstpolitik, Kunstproduktion und Künstleralltag in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges in Spanien |
Ein Blick auf die Hofkunst dieser Zeit zeigt uns, daß die spanischen Habsburger die Kunst in einer neuen, nie dagewesenen Weise einsetzten, indem sie anhand einer Reihe von großangelegten Bau- und Ausstattungsprogrammen die imperiale Macht des Königshauses und den Herrschaftsanspruch Spaniens als Weltreich sichtbar machten. Hatten die spanischen Könige bis dahin eher gezögert, sich nach außen hin mit Programmen zur Selbstdarstellung der Monarchie, ihrer Siege und Taten zu präsentieren, so ändert sich das unter Philipp IV. grundlegend. [2] In der Außenpolitik verfolgten der König und sein Minister Olivares das Ziel, Spaniens Weltmachtstellung, wie sie noch unter Philipp II. (1561-1598) gegeben war, wiederherzustellen, wenn nicht auszubauen, was zur ständigen Präsenz Spaniens auf den verschiedenen europäischen Kriegsschauplätzen führte. Am Madrider Hof sind in den ersten vier Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts mehrere Initiativen zu beobachten, die von einer sich herausbildenden Wahrnehmung der Möglichkeiten der Kunstpolitik zeugen. Zunächst wurde die Hauptstadt in eine barocke Residenz verwandelt. Die Plaza Mayor gestaltete man in eine monumentale, geschlossene Platzanlage um. [3] Der Alcázar, der sich nach jahrhundertelanger Bautätigkeit zu Beginn des 17. Jahrhunderts eher als mittelalterliche Wehrburg denn als barocke Königsresidenz präsentierte, erhielt eine Schaufassade. Auch der davor befindlichen Plaza de Palacio verlieh man erst in den zwanziger Jahren durch die Vereinheitlichung der auf sie zuführenden Straßenzüge den Charakter einer repräsentativen Platzanlage. [4] Für die Schlösser wurden Raumprogramme mit dekorativen Gemäldezyklen geschaffen, anhand derer die spanische Monarchie ihre Erfolge präsentierte. So umfaßte die in den Jahren 1634-1635 vorgenommene Ausstattung des Salón de los Reinos im Buen Retiro ein relativ aufwendiges Programm zur Glorifizierung der Kriegspolitik des Herrschers. [5] Zwölf monumentale Schlachtenbilder an den Längswänden des Saales zeigten Siege und Triumphe der spanischen Heere der jüngsten Vergangenheit, einige davon standen im Zusammenhang mit dem Dreißigjährigen Krieg. [6] Auch dem Herrschermonument kam unter Philipp IV. eine neue Funktion zu. Hatte man bislang eher Zurückhaltung gezeigt, Königsdenkmäler innerhalb der Schloßanlagen aufzustellen, wurden für den Buen Retiro gleich mehrere Monumente an hervorgehobener Stelle geplant: Leone Leonis in den Jahren 1550-1555 entstandene Bronzestatue "Karl V. über der Raserei" wurde im Patio del Emperador, einem der großen Höfe der Anlage, aufgestellt [7], eine weitere ganzfigurige Marmorstatue Karls V. von Leone und Pompeo Leoni plazierte man im Garten der Eremita de San Pablo. [8] Zudem stellte man das monumentale Reiterdenkmal Philipps IV. von Pietro Tacca, das den Souverän in einem für Spanien neuen Portraittypus, in Kriegstracht mit Kommandostab auf kurbettierendem Pferd zeigt, im Jardín de la Reina, einem der Gärten des Buen Retiro, auf. [9] Von einem Bildnis Philipps IV. ist bekannt, daß es aus Anlaß eines militärischen Sieges entstanden ist. Es handelt sich um das 1644 von Velázquez gemalte Bildnis von Fraga, das den König, der in Begleitung seines Hofmalers zum Kriegsschauplatz gereist war, im Ornat des obersten Feldherrn zeigt, das er nach dem Sieg über die Franzosen beim Einzug in Lérida trug. [10] Im Umfeld des Madrider Hofes entstanden demnach in der ersten Jahrhunderthälfte zahlreiche Werke, in denen sich eine Auseinandersetzung mit dem Krieg spiegelt, die jedoch keineswegs kritisch ist.
Künstleralltag und Kunstproduktion in Kriegszeiten
Dafür bieten sich mehrere Erklärungen an. Zunächst ist zu berücksichtigen, daß die Maler in Spanien vom Kriegsgeschehen wenig betroffen waren, denn sie lebten und wirkten weit entfernt von den Kriegsschauplätzen - die meisten kriegerischen Auseinandersetzungen spielten sich außerhalb der iberischen Halbinsel ab. Zwar gab es in den vierziger Jahren in Katalonien und an der portugiesischen Grenze mehrfach Kämpfe, aber diese fielen zahlenmäßig gegenüber den vielen Schlachten auf niederländischem, französischem oder deutschem Boden kaum ins Gewicht. Auch gingen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts nur wenige spanische Künstler ins Ausland, und diese wiederum reisten nicht in unsichere Gegenden, sondern nach Rom, um sich dort ihren Studien zu widmen. Zudem war die Regierung bestrebt, das Militär in der Hauptstadt auf das Notwendigste zu beschränken und vermied im allgemeinen - mit Ausnahme der königlichen Garde - die Stationierung von Truppen in Madrid. Wenn es auch gelegentlich zu Plünderungen, Diebstählen, Morden, anderen Gewalttaten und Betteleien kam, vor allem durch die Soldaten, die die Armee verlassen hatten und in die Hauptstadt strömten [11], so hatten die Künstler insgesamt doch wenig Kontakt zum Soldatenleben, womit ein weiterer Grund für die Seltenheit der Kriegsthematik - sei es in Form von Historien oder Allegorien - in der spanischen Malerei angeführt wäre. Betrachtet man die Schlachtengemälde im Salón de los Reinos im Buen Retiro, so wird deutlich, daß nur wenige der beteiligten Maler Erfahrung mit der Darstellung von Schlachten hatten, oft sind diese Gemälde die einzigen großangelegten Historien im Œuvre des jeweiligen Malers. Überdies war die Druckgraphik, die von den Künstlern in anderen europäischen Ländern zur Verbreitung von - auch kritischen - Darstellungen zum Thema Krieg genutzt wurde, in Spanien kaum üblich. [12] Sicher wird man die wenigen Darstellungen aus dem militärischen Bereich auch auf ein fehlendes Publikum zurückführen dürfen. Kirche und Adel brachten dieser Thematik kaum Interesse entgegen,und in Spanien war - anders als in den beiden Niederlanden - das Bürgertum nicht so selbstbewußt, um sich kritisch mit dem Krieg auseinanderzusetzen.
Künstleralltag und Krieg
Es sind bislang auch keine Fälle überliefert, in denen man in Kriegszeiten spanische Maler für diplomatische Aufgaben eingesetzt hätte. Daß Künstler im 17. Jahrhundert durchaus den Status erreicht hatten, gelegentlich als Diplomaten eingesetzt zu werden, zeigt das Beispiel von Peter Paul Rubens, der in diplomatischer Mission für Spanien und England tätig war, oder des Architekten und Malers Balthazar Gerbier, der für die englische Regierung erfolgreich verhandelte. [16] Dem Spanier Diego Velázquez hingegen begegnete man bei seiner ersten Italienreise im Jahre 1629 mit gewissem Mißtrauen und verdächtigte ihn als Spion. [17] Seit 1628 war Spanien in den Mantuanischen Erbfolgekrieg verwickelt und Velázquez gehörte damals dem Gefolge des berühmten Generals Ambrogio Spínola an, den Philipp IV. im Jahre 1629 als Gouverneur von Mailand eingesetzt hatte. Während Alvise Mocenigo, der venezianische Gesandte in Madrid, in seinem Empfehlungsschreiben an den Rat der Zehn des Senats von Venedig betont, daß der Besuch des Malers in Venedig nicht verdächtig ("non puó esser di sospetto") sei [18], vermutet Flavio Atti, der Gesandte von Parma, in einem Brief an die Herzogin von Neapel, der Maler sei in Italien, um für den spanischen Hof zu spionieren ("dico io, che viene per spiare"), und zwar in Zusammenarbeit mit einem anderen bekannten Spion. [19]
Um Spaniens Präsenz auf den zahlreichen Kriegsschauplätzen zu ermöglichen, mußten freilich auch die Künstler ihren Beitrag leisten, nämlich in Form von Steuern und Militärdienst. Das spanische Heer bestand zwar hauptsächlich aus Söldnern, die in der Regel im Rahmen freiwilliger Verpflichtungen rekrutiert wurden und in einer Berufsarmee Dienst leisteten. [20] Trotzdem hat es infolge des wachsenden Bedarfs an Soldaten gelegentliche Versuche gegeben, die allgemeine Wehrpflicht einzuführen, von der auch die Maler betroffen gewesen wären. Diese wehrten sich wiederholt gegen die Initiativen des Hofes, sie zum Militärdienst zu verpflichten. [21] Belege hierfür finden sich für die Jahre 1600, [22] 1625, [23] 1626 [24] und für die Zeit nach 1636. [25] Allerdings wird nur in einem Fall konkret auf einen bestimmten Krieg hingewiesen: Der Rechtsanwalt Alonso Carrillo erwähnt in einer auf Betreiben der Maler Juan Montero y Rojas und Andreas Schmidt im Jahre 1668 verfaßten Schrift, um diese von Pflichten für die Bruderschaft zu befreien, daß man nach 1636 - dem Jahr der Kriegserklärung Spaniens an Frankreich - versucht hätte, die Künstler zum Militär einzuziehen. [26] Die geringe Begeisterung für das Militär ist auch von seiten des Adels überliefert. Philipp IV. mußte die Adligen im Jahre 1643 durch Androhung hoher Geldstrafen zur Teilnahme am Feldzug gegen Katalonien zwingen. [27]
Trotz allen Drucks waren nur wenige Maler beim Militär und diese wohl auf freiwilliger Basis. Einer von ihnen ist Juan de Toledo (1611-1665), der - so Palomino - "El Capitán" genannt wurde und nach Italien ging, wo er im Vizekönigreich Mailand als capitán de caballos diente. [28] Diese Erfahrung blieb nicht ohne Einwirkung auf sein Werk, denn - nach Madrid zurückgekehrt - spezialisierte sich Toledo als Schlachtenmaler. Über den aus Lucena stammenden Bernabé Jiménez Illescas (1613-1671) erfahren wir von Palomino, daß dieser seine Malerlehre zunächst zugunsten des Militärs unterbrochen habe und sich anwerben ließ. [29] Dabei sei er viel herumgekommen und habe andere Völker kennengelernt. Schließlich habe sich Jiménez in Rom wieder der Malerei zugewandt und dort weitere sechs Jahre mit seiner Ausbildung verbracht. Seine Zeit beim Militär war jedoch von keiner unmittelbaren Bedeutung für sein Werk, denn der Maler wandte sich vor allem religiösen Themen zu. Von dem in Rom wirkenden Schlachtenmaler französischer Abstammung Jacques Courtois, gen. Il Borgognone (1621-1675), hingegen ist bekannt, daß er sich dem spanischen Heer in Mailand anschloß und im Rahmen seines Dienstes zahlreiche Schlachtenskizzen anfertigte.
Neben diesen wenigen Nachrichten, die einzelne Künstlerviten über den Kriegsdienst von Malern geben, sind zahlreiche Hinweise überliefert, daß wegen der hohen Kriegskosten auch die Maler mit zusätzlichen Abgaben belegt wurden. Dazu zählt zum einen die repartimiento de soldados oder repartimiento del vestir de soldados genannte Steuer, die für "Einkleidung und Unterhalt eines oder mehrerer Soldaten" vorgesehen war. [30] In mehreren Prozessen (1597, 1600) und 1677 [31], für den Calderón Gerichtsgutachten verfaßte, weigerten sich jedoch einzelne Maler, diese Steuer zu entrichten. Des weiteren werden donativos - nicht näher spezifizierte Abgaben - erwähnt, die von den Madrider Zünften seit 1636 wiederholt eingefordert wurden, um die Kriegskosten zu decken. [32] Generell wird in den zur Verteidigung der Maler entstandenen Schriften behauptet, daß die Künstler von all diesen Steuern und Abgaben zu befreien seien, weil der Malerei der Status einer ars liberalis zukäme. Solche Forderungen seien an einfache Handwerker zu stellen, nicht aber an Maler, die diesen keineswegs gleichzusetzen seien. [33] Der Malerei käme derselbe Rang wie der Dichtkunst zu, denn beide seien "trabajo del entendimiento", der "ingenuidad", der "idea" sowie der "inteligencia" und "teoría". Zur Verteidigung der Malerei wird allerdings nicht nur auf deren künstlerischen Rang verwiesen, sondern auch auf die Armut der Maler, für die zusätzliche Steuerforderungen unzumutbar wären, weil sie kaum in der Lage seien, ihre Familie zu ernähren. [34] Es kam nicht in jedem einzelnen Fall der Steuerverweigerung zum Prozeß, doch wenn, dann fielen die Urteile zumeist zugunsten der Künstler aus. Allerdings waren die Maler gezwungen, sich die Bestätigung ihrer Tätigkeit als ars liberalis und mithin ihre Steuerbefreiung immer wieder aufs neue zu erstreiten.
Wenn sich die Neigung der spanischen Maler, am Krieg teilzunehmen - sei es aktiv oder in Form der Entrichtung von Steuern - auch in Grenzen hielt, so wurde der Krieg doch als Argument in ihren Petitionen bemüht, mit denen sie für ihre Ausbildung staatliche Hilfe zu erlangen suchten. In einem Antrag der Madrider Maler aus dem Jahre 1624 zur Gründung einer Akademie unter königlicher Obhut wurde behauptet, daß die Malerei eine nützliche Kunst sei und unter anderem auch für die Artillerie und die Herstellung von Waffen hilfreich sein könne. [35] An der geplanten Akademie sollten die Künste wissenschaftlich gelehrt, die Beherrschung des Zeichnens verbessert und insgesamt das Niveau der spanischen Kunst angehoben werden. [36] Daß die Maler überdies anführten, der Hof müsse aufgrund einer verbesserten Ausbildung der spanischen Künstler nicht mehr die überbezahlten ausländischen Meister beschäftigen, zeugt sowohl von dem Mißtrauen, das man damals in Spanien allem Fremden entgegenbrachte, als auch von dem Konkurrenzdruck, dem die einheimischen Maler ausgesetzt waren.
Kunstproduktion und Krieg
Seltener als Schlachten werden in den Gemälden Kriegsalltag, Lagerleben oder Plünderung und Raub behandelt. Zu den wenigen Werken mit solchen Themen gehören eine monumentale Lagerszene von Estéban March (Abb. 4) [43], in der zahlreiche große Zelte und Offiziere und Soldaten in siegreicher Pose zu sehen sind, sowie eine lavierte Federzeichnung mit der Darstellung der "Plünderung eines Dorfes" (Abb. 5). [44] In der erwähnten Plünderungsszene plaziert March einen Hauptmann, vor dem zwei gefesselte Bauern - einer davon kniend - wohl um ihr Leben flehen, in die Mitte des Blattes. Im Hintergrund sieht man einen Wagen mit der Kriegsbeute und eine verwüstete Dorflandschaft mit brennenden Häusern. Diese in Valencia - abseits des Hofes - entstandene Zeichnung, die von der kritischen Auseinandersetzung des Künstlers mit den Greueln des Krieges zeugt, bleibt jedoch eine Ausnahme innerhalb der spanischen Kunst.
Lediglich einige wenige Portraits von Kriegsteilnehmern sind überliefert. Dazu zählt die in die vierziger Jahre des 17. Jahrhunderts datierte ganzfigurige Darstellung eines bislang nicht namentlich identifizierten Artilleriegenerals des Madrider Malers Francisco Rizi (1608-1685) (Abb. 6). [45] Nicht in siegreicher Pose, sondern durch den starken Kontrapost eher betont lässig, wird der hohe Offizier frontal dem Betrachter präsentiert. Dem ebenfalls in Madrid tätigen Maler Antonio Puga (1602-1648) werden zwei Darstellungen von namenlosen Soldaten zugeschrieben. [46] Bei der einen handelt es sich um das "Brustbild eines unbekannten Soldaten" (Abb. 7), in dem ein selbstbewußter junger Mann in Rüstung dargestellt ist, der sich mit dem Ausdruck eines siegreichen Kriegers dem Betrachter zuwendet. [47] Die Kehrseite des Krieges illustriert das ebenfalls Puga zugeschriebene Gemälde "Der tote Soldat" (Abb. 8), das nicht nur anhand eines einzelnen Schicksals die Grausamkeit des Kriegs thematisiert, sondern zugleich mit dem neben der Leiche liegenden Totenkopf und den neben dem Körper ausgebreiteten Knochen auf die Vergänglichkeit des menschlichen Daseins hinweist. [48]
Auch in einigen wenigen Genreszenen, Stilleben und Vanitasgemälden beziehen sich die spanischen Maler auf die zeitgenössischen Kriege. Abgesehen von den "Bodegones", die in Sevilla zu Beginn des Jahrhunderts entstanden, sind Genreszenen im Spanien des 17. Jahrhunderts selten, zumal solche, in denen Soldaten auftreten. [49] Eines der wenigen Beispiele ist das Gemälde "Der Schleifer" des bereits erwähnten Antonio Puga. [50] Es stellt eine Gruppe von mehreren Personen dar, wobei rechts als dominierende Gestalt ein Soldat auftritt, der sich auf sein Gewehr stützt und dessen Schwert von dem rechts neben ihm arbeitenden Schleifer geschärft wird. Eine Szene aus dem Soldatenleben schuf auch der in Madrid im Umfeld des Hofes tätige Maler Antonio de Pereda (1611-1678), der als der größte Stillebenmaler seiner Generation gilt und auch die Vanitasthematik in Spanien eingeführt hat. [51] In seiner großformatigen "Küchenszene mit Magd und Soldat" (Abb. 9), die auch als "Allegorie der verlorenen Tugend" betitelt wird, ist eine kniende, mit dem Abwasch beschäftigte junge Frau zu sehen, die sich in einem Küchenraum mit einem mit Nahrungsmitteln und Gefäßen reich beladenen Tisch einem sitzenden Soldaten zuwendet. [52] Eine zerbrochene Platte, mehrere umgestürzte Gefäße und eine erloschene Kerze, von denen die Magd umgeben ist, deuten auf das in der Literatur der Zeit stark verbreitete Thema der verlorenen Tugend hin.
Die zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges in den nördlichen Niederlanden und Deutschland beliebten Waffenstilleben fehlen in Spanien völlig. [53] Waffen tauchen allenfalls vereinzelt in Vanitas-Stilleben auf. Ein Meisterwerk dieser Gattung ist Peredas um 1634 entstandene "Allegorie der Vergänglichkeit". [54] Der Maler thematisiert hier anhand mehrerer Utensilien die Vergänglichkeit imperialer Macht. Ein Engel hält dem Betrachter ein Kameo mit dem Bildnis Karls V. entgegen und zeigt mit der anderen Hand auf einen Globus, der die Größe des spanischen Weltreichs symbolisiert. Neben der Weltkugel liegen auf einem Tisch weitere Insignien des Reichtums wie wertvolle Münzen, Ketten und eine Tischuhr. Auf einem zweiten Tisch in der linken Hälfte des Bildes verweisen zahlreiche Objekte wie Totenköpfe, Trophäen, Bücher und Karten auf einen Aspekt der menschlichen Existenz jenseits der Macht. Eine abgebrannte Kerze sowie eine Sanduhr gemahnen an die Vergänglichkeit des Irdischen. Als Pereda in den dreißiger Jahren dieses Gemälde schuf, war die Zeit der Vorherrschaft Spaniens bereits Vergangenheit, und das Land ging sowohl politisch als auch wirtschaftlich dem Ruin entgegen.
Abschließend ergibt sich folgender Befund: Bei den wenigen Künstlern im Umfeld oder abseits des Hofes, die sich mit dem Krieg auseinandersetzten, handelt es sich vorwiegend um zweitrangige Maler wie Toledo, de la Corte oder Puga; Pereda und March bilden eine Ausnahme. Die Schlachtengemälde dieser Meister beziehen sich meist nicht auf bestimmte Ereignisse, sondern stellen allgemeine Kampfszenen dar. Gelegentlich finden sich Genreszenen mit Soldaten, ohne jedoch das Soldatenleben in irgendeiner Weise zu verherrlichen. Die wenigen Darstellungen der Schrecken des Krieges verbinden sich mit Reflexionen zu Vanitas, Vergänglichkeit und der Scheinhaftigkeit irdischer Macht.
In der höfischen Kunst hingegen erscheint der Krieg insgesamt in günstigem Licht. In den Dekorationsprogrammen der Schlösser und den Herrrscherportraits wird das erfolgreiche spanische Heer vorgeführt und der König, sein Erster Minister und die Generäle als unbesiegbare Heerführer präsentiert. Oft werden auch kriegerische Tugenden wie Tapferkeit und Mut gepriesen. Nur wenige Beispiele finden sich für die Darstellung der Großzügigkeit des Siegers gegenüber den Unterlegenen, der verheerenden Folgen des Krieges, des Leids der Gefangenen und des physischen Elends der Verwundeten. Ein Bewußtsein für das wechselhafte Kriegsglück und die Notwendigkeit von Caritas ist bei den höfischen Malern selten. Anders als in den Niederlanden, Flandern und Deutschland drücken die Werke der spanischen Maler weder in allegorischer Form noch direkt Friedenssehnsucht aus, obwohl man sie im allgemeinen wohl auch in Spanien vermuten darf. Einziges monumentales Gemälde, das als Ausdruck von Friedenssehnsucht und Kritik an der Kriegspolitik Philipps IV. interpretiert werden kann, ist Velázquez' nach 1640 entstandener "Mars" (Abb. 10). [55] In dem Gemälde zeigt der Maler den sichtlich erschöpften Kriegsgott in wenig kriegerischer Pose, wie er, dürftig bekleidet, die Rüstung zu Füßen und des Krieges müde, auf einer Bettstatt Ruhe sucht. [56] Solcherart die offizielle Verherrlichung des Krieges in Frage zu stellen, blieb freilich einem Künstler vom Rang eines Velázquez vorbehalten.
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