Meisterwerke der Ausstellung
Die Europaratsausstellung präsentiert in großer Fülle Hauptwerke der europäischen Kunstgeschichte. Sie entstanden in den bewegten Kriegs- und Friedenszeiten, reflektieren das Geschehen und nicht selten beziehen die Künstler auch konkret Position. Die historischen Ereignisse beinflußten folgenreich die künstlerische Tätigkeit, andererseits versuchten Künstler mit ihren Werken wiederum auf die Politik zu wirken. Trotz der Kriegswirren gilt das 17. Jahrhundert als Goldenes Zeitalter der Künste.
Peter Paul Rubens
Minerva schützt Pax vor Mars
London, The Trustees of the National Gallery

Das bedeutendste Gemälde der Ausstellung ist eines der wenigen vollständig eigenhändig geschaffenen Werke des flämischen Künstlers. Es entstand 1629/30 in England, als sich Rubens dort im Auftrag Spaniens aufhielt und am Abschluß eines spanisch-englischen Friedensvertrages beteiligt war. Dieser Friede sollte bewahrt werden, und so schenkte Rubens dem englischen König Karl I. diese Allegorie, die den Zeitgenossen - zumal den gebildeteren unter ihnen - in ihrer Symbolik in etwa so verständlich war wie uns heute z. B. ein Leitartikel: Im Zentrum des Bildes sitzt Pax, die Verkörperung des Friedens, und nährt einen Knaben an ihrer Brust. Rechts hinten drängt Minerva, die antike Göttin der Weisheit, den Kriegsgott Mars von der friedlichen Szene fort.

↑ Zum Seitenanfang

Gerard ter Borch
Die Beschwörung des spanisch-niederländischen Friedens im Rathaussaal zu Münster
London, The Trustees of the National Gallery

Das Gemälde ter Borchs ist wie kein anderes Werk der Zeit im Bewußtsein der heutigen Öffentlichkeit mit dem Westfälischen Frieden verbunden. Es zeigt den Moment, in dem die Mitglieder der spanischen und der niederländischen Gesandtschaft den am 30. Januar 1648 zwischen beiden Ländern geschlossenen Frieden am 15. Mai 1648 in dem Ratssaal des Münsteraner Rathauses feierlich beschwören. Auf der rechten Seite erscheinen die katholischen Spanier, deren Hauptgesandter mit der Hand auf der Bibel den Eid verliest. Die Gesandten der calvinistischen Niederlande schwören mit erhobenen Händen. Die außerordentliche Wirklichkeitsnähe des Gemäldes liegt darin begründet, daß der Maler tatsächlich Augenzeuge der Zeremonie gewesen ist, wie er auch durch sein Selbstporträt - er schaut am linken Rand aus dem Bild heraus den Betrachter an - dokumentiert.

↑ Zum Seitenanfang

Gerad ter Borch
Einzug des holländischen Gesandten Adriaen Pauw in Münster, um 1646
Münster, Stadtmuseum

Adriaen Pauw war als einer von zwei Vertretern der wichtigsten Provinz Holland der bedeutendste der acht in Münster anwesenden niederländischen Gesandten. Das Gemälde zeigt ihn gemeinsam mit seiner Gattin und seiner Enkelin beim Einzug in die Stadt Münster, die mit ihrer charakteristischen Silhouette eindeutig zu identifizieren ist. Pauw reist sechsspännig mit drei Vorreitern. Diese besonders prunkvolle Art des Reisens war nur Botschaftern souveräner Staaten vorbehalten. Zum Zeitpunkt des Einzuges waren die Vereinigten Provinzen jedoch bekanntlich noch nicht souverän; dies wurden sie erst mit dem Frieden vom 30. Januar 1648. So gibt das Gemälde weniger die Realität wieder als vielmehr den Anspruch der Niederlande auf Souveränität. In dem aus dem Bild herausschauenden Lakaien neben der Kutsche glaubt man neurdings, den Maler selbst erkennen zu können.

↑ Zum Seitenanfang

Georges de La Tour
Hiob und seine Frau, um 1633-1635
Epinal, Collection du Musée départemental d'Art ancien et contemporain

Das Bild steht für die persönliche Kriegserfahrung des Künstlers, der nach seinen Lehrjahren in Rom am Hof des Herzogs von Lothringen in Nancy zu Ansehen und Fortune kam. Das Näherrücken des Krieges, die grausamen militärischen Auseinandersetzungen in seiner Region und schließlich die Brandschatzung seiner Heimatstadt Lunéville um 1638 veranlaßten Georges de La Tour, mit seiner Familie und tausenden anderer Leidensgenossen nach Nancy, dann nach Paris zu fliehen. Das Bild, das sich auf den alttestamtlichen Bericht nach Hiob 2,6-10 bezieht, ist in dieser Zeit entstanden und markiert einen Stilwechsel des Künstlers. Die auf wenige Farben zwischen intensivem Rot und Weiß-, Gelb-, Braun-, Grau- und Schwarz-Tönen reduzierte Komposition lebt von der Spannung zwischen der aufrecht stehenden jungen Frau und dem sitzenden, von Krankheit und Alter ausgezehrten Hiob. Die Kerze als einzige Lichtquelle des ansonsten abgedunkelten Innenraumes betont das Zwiegespräch des ungleichen Paares.

↑ Zum Seitenanfang

Sebastian Stoskopf
Gläserkorb, 1644
Straßburg, Musée de l'Oeuvre Notre Dame

Funkelnde Gläser, in einem Korb gesammelt, lassen an das Ende eines üppigen Mahles denken. Die kostbaren Gefäße sind jedoch sehr zerbrechlich, wie die Glasscherben auf dem Tisch zeigen. Sie sind ein Zeichen für Vergänglichkeit angesichts der Unsicherheit menschlicher Existenz in den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges.

↑ Zum Seitenanfang

Anonym
Das Kunstkabinett des Ladislaus Sigismund, 1626
Warschau, Zamek Królewski w Warszawie

Beträchtliche finanzielle Gewinne und wachsendes Prestige durch militärische Erfolge führten zu einem interessanten Phänomen bei Feldherren und Kriegsunternehmern des Dreißigjährigen Krieges: In bewußter Nachahmung ihrer fürstlichen Herren stillten diese sozialen Aufsteiger ihr wachsendes Repäsentationsbedürfnis durch den Bau prachtvoller Paläste, Sammeltätigkeit und Mäzenatentum. In dem Gemälde sind stillebenartig Gegenstände aus der Kunstsammlung des polnischen Königs Ladislaus Sigismunds versammelt. Ähnlich wie dieses Kunstkabinett Sigismunds es zeigt, schmückten Wallenstein, der Schwede Wrangel, Friedrich Heinrich von Nassau-Oranien und viele andere ihre Paläste mit erlesenen Werken der Malerei und Bildhauerkunst.

↑ Zum Seitenanfang

Claude Lorrain
Villa in der römischen Campagna, 1646
Budapest, Szépmüveszeti Múzeum

Wie eine Vision aus einer anderen Welt nimmt sich das Gemälde von Claude Gellé aus, wegen seiner Herkunft aus Lothringen "le Lorrain" genannt. Anders als seine Landsleute Georges de la Tour und Jacques Callot blieb ihm aber die innere Notwendigkeit der künstlerischen Auseinandersetzung mit den schrecklichen Kriegserfahrungen in seiner Heimat erspart, denn er verbrachte fast sein gesamtes Leben im fernen Rom. So bildet diese in warmes Abendlicht getauchte Landschaftsdarstellung, in der Mensch und Tier wie im antiken Arkadien friedlich zusammenleben, nicht nur den Gegensatz zu den vielen Darstellungen, die die militärischen Auseinandersetzungen des Krieges und ihre Folgen thematisieren. Es ist vielmehr Ausdruck der Sehnsucht nach einer friedlichen Welt.

↑ Zum Seitenanfang

Simon Vouet (Schule)
Prudentia führt Pax und Abundatia herbei, 1655-1660
Paris, Musée du Louvre, Département des Peintures

Die Personifikation des Friedens und des Überflusses bringen der thronenden Klugheit einen Olivenzweig und ein überquellendes Füllhorn dar. Daß die Göttin der Weisheit auch für Reichtum sorgt, veranschaulichen wertvolle Gefäße am vorderen Bildrand, eine reichgeschmückte große Kanne, eine kleinere silberne und eine mit Edelsteinen besetzte Kette. Die Verwendung von schimmernden Primärfarben und die diagonal ansteigende Komposition sind typisch für die klassizistische Malerei des 17. Jahrhunderts in Frankreich.

↑ Zum Seitenanfang

Pieter Snayers
Die Schlacht bei Stadtlohn Brüssel, Koninklijke Musea voor Schone Kunsten

Am 6. August 1623 gelang dem Feldherrn der Liga, Johann Tserclaes von Tilly, in der Schlacht bei Stadtlohn ein entscheidender Sieg über den protestantischen Heerführer Christian von Braunschweig. Der flämische Maler Pieter Snayers vermittelt dem Betrachter den Eindruck, wie von einem Feldherrnhügel auf das Schlachtfeld hinab zusehen, wo die in Terzios aufgestellte Infanterie sich der heranrückenden Reiterei entgegenstellt. In dieser Schlacht verlor Christian 6.000 Soldaten als Gefallene und 4.000 als Gefangene. Er selbst konnte sich in die Niederlande retten.

↑ Zum Seitenanfang

Diego Rodríguez de Silva y Velázquez
Philipp IV., vor 1628
Madrid, Museo del Prado

Ausgerechnet das schlichteste Portrait in der Ausstellung ist das Gemälde von der höchsten Bildnisqualität. Keine äußeren Herrschaftszeichen, kein gebauschter roter Vorhang und keine prächtige Kleidung weisen darauf hin, daß es sich um den spanischen König Philipp IV. handelt, in dessen ausgedehntem Herrschaftsbereich die Sonne nie unterging. Philipp IV. war das einzige gekrönte Haupt, das die Geschicke des Dreißigjährigen Krieges von Beginn an bis zum Friedensschluß 1648 mitbestimmte: im Krieg gegen die nördlichen Niederlande, als Verbündeter der Habsburgerkaiser Ferdinand II. und Ferdinand III., in der - gleichwohl vergeblichen - Abwehr des machtpolitisch aufstrebenden Frankreichs und schließlich am 15. Mai 1648 mit der Entlassung der Republik der Vereinigten Niederlande in die Unabhängigkeit im Frieden von Münster.

↑ Zum Seitenanfang

Gian Lorenzo Bernini
Papst Innozenz X., um 1647
Rom, Palazzo Doria Pamphilj

Aus gutem Grund enthielt der Westfälische Friede eine Antiprotestklausel, die Einspräche von vornherein ausschloß. So blieb auch das Breve "Zelo domus dei" von Papst Innozenz X. wirkungslos, mit dem er die für die katholische Kirche nachteiligen Bestimmungen des Vertrags für ungültig erklärte. Den sprichwörtlichen häßlichen Papst entzückte die Porträtbüste, die Gian Lorenzo von ihm geschaffen hatte, derart, daß er den Künstler sogleich ein neues Exemplar fertigen ließ, als bei einem Sturz der Kopf auf Kinnhöhe gebrochen war. So ist diese Skulptur das "Urbild" aller späteren Porträtbüsten des Papstes.

↑ Zum Seitenanfang

Gerard ter Borch
Kartenspielende Soldaten vor einer Ruine, um 1640-1645
Münster, Westfälisches Landesmuseum, Ständige Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland

Vor der dunklen Kulisse einer Hausruine spielt eine Gruppe Soldaten, die sich stehend oder sitzend um einen runden Tisch versammelt hat, Karten. Die Kartenspielenden hat der Maler durch hellere, kräftigere Farben hervorgehoben, währenddessen die rechts schlafende Frau oder noch mehr die beiden am linken Bildrand im Halbdunkel sitzenden Soldaten Teil der von Krieg und Zerstörung geprägten Umgebung sind. Das Bild steht in einer Reihe von Gemälden, in denen Gerard ter Borch durch Genre-Szenen, wie z. B. Briefe lesende oder zechende Soldaten, zumeist in abgedunkelten Innenräumen darstellte, die Alltäglichkeit des Krieges zum Ausdruck bringt. Die Bildgattung dieser als "Kriegsgenre" bezeichneten Malerei erfreute sich über die Niederlande hinaus, vielleicht gerade wegen ihrer Verarbeitung von vermeintlich alltäglich-realistischen Themen, einer großen Beliebtheit.

↑ Zum Seitenanfang