Das Konzept
In Anlehnung an das historische Geschehen vor 350 Jahren war die Vorgabe für die Ausstellung, daß diese an den beiden damaligen Kongreßorten Münster und Osnabrück gezeigt werden sollte. Bei der Ausarbeitung einer dieser Vorgabe entsprechenden Konzeption stand es von vornherein für die Ausstellungsmacher fest, daß beide Ausstellungsteile für sich selbst verständlich sein müßten, da nicht davon ausgegangen werden konnte, daß alle Besucher sich beide Ausstellungsorte ansehen würden. Erschwert wurde die Aufgabe noch dadurch, daß in Osnabrück erneut zwei Ausstellungsstätten zu berücksichtigen waren, das Kulturhistorische Museum und die Kunsthalle Dominikanerkirche. Nach ausführlichen Diskussionen mit dem Wissenschaftlichen Beirat und anderen in- und ausländischen Beratern wurde entschieden: In Münster sollten eher die strukturellen Gesichtspunkte des Themas beleuchtet werden, das Kulturhistorische Museum in Osnabrück wurde für die Chronologie der Ereignisse bestimmt, und in der Dominikanerkirche sollte auf die Bedeutung der Religion bzw. der verschiedenen Konfessionen eingegangen werden.

Das Westfälische Landesmuseum präsentiert seinen Teil der Ausstellung im jüngst restaurierten Altbau. Das Erdgeschoß, das sich der Krise in Europa um 1600 widmet, erhielt eine gelbe Wandfarbe. Im einleitenden Raum werden allgemeine Krisenphänomene, das generelle Krisenbewußtsein der Zeit sowie zeitgenössische Lösungsvorschläge thematisiert. Die sich anschließenden Räume beschäftigen sich mit den drei großen zwischenstaatlichen Konfliktzonen. Zum einen geht es um die Auseinandersetzungen zwischen Spanien und den um ihre staatliche Unabhängigkeit kämpfenden Niederlanden, des weiteren um die Spannungen zwischen Frankreich und dem Haus Habsburg, und zum dritten werden die Kriege im Ostseeraum, d. h. einerseits der Gegensatz zwischen Polen und Schweden, andererseits die Konflikte zwischen Schweden und Dänemark, erläutert. Die ökonomischen Gegebenheiten, etwa der Aufschwung des Handels mit den Kolonien, werden im Erdgeschoß ebenso behandelt wie die Aufrüstung der Kriegsparteien, wobei das Beispiel Schweden im Mittelpunkt steht. Die Galerien des Erdgeschosses widmen sich der Literatur der einzelnen europäischen Länder im ausgehenden 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts sowie dem bedeutendsten "Massenmedium" der Zeit, dem illustrierten Flugblatt. In einer Art Waffenkammer sind die drei wichtigsten Waffengattungen der Zeit, Infanterie, Artillerie und Kavallerie, mit ihrer typischen Bewaffnung und Ausrüstung vertreten.

Zentraler Raum des Erdgeschosses ist jedoch der Lichthof des Museums. Hier sind unter dem Titel "Dramatis personae" die wichtigsten an Krieg und Frieden beteiligten Personen in Porträts von höchstem Rang präsentiert. Der Raumtitel erinnert an die barocke Vorstellung vom Krieg als Theater, und diese Idee des "Theatrum belli" bestimmt auch die Form der Präsentation: In die Museumsarchitektur eingebaut wurde eine Rotunde, die an ein barockes Theater erinnern soll, in dem sich die Hauptakteure versammelt haben.

Der Rundgang im ersten, in roter Wandfarbe gehaltenen Obergeschoß ist dem Krieg gewidmet und wird eröffnet mit einer Folge von großformatigen Bildern, die die militärischen Erfolge des kaiserlichen Feldherrn Charles Bucquoi zeigen. Dieses Thema der propagandistischen Darstellung und Verwertung des Schlachtensieges wird erneut in einem der folgenden Räume aufgegriffen. Der siegreiche Feldherr, wenn auch mit veränderter Akzentuierung und Perspektive, ist gleichfalls ein Aspekt des auf einer Galerie behandelten "Pompa Introitus Ferdinandi", mit dem die Stadt Antwerpen den Sieger der Schlacht von Nördlingen, den Kardinalinfanten Ferdinand, 1634 feierlich empfing. Weitere Themen der Kriegsetage, die sowohl durch Realien als auch durch Kunstwerke exemplifiziert werden, sind die Kriegsfinanzierung, die taktischen und technischen Entwicklungen des Kriegswesens sowie die militärische Gesellschaft. Die Gewinner des Krieges werden in einer kleinen Feldherrengalerie präsentiert. Befehlshaber wie Wallenstein, Karl Gustav Wrangel oder Frederik Hendrik suchten ihren im Krieg erworbenen Reichtum und den damit verbundenen sozialen Aufstieg zu dokumentieren, indem sie sich als Kunstsammler und Kunstmäzene betätigten. Tote und Verwundete als Opfer des Krieges auf Schlachtenbildern stellen eine Überleitung dar zu einer Sequenz, in der es um die Schrecken des Krieges und das Leiden der Zivilbevölkerung geht. Diese Schrecken spiegeln sich zum Teil auch in der Literatur der Zeit, die gleichzeitig in großem Umfang den Wunsch nach Frieden zum Ausdruck bringt.

Einen Übergang zwischen der Kriegs- und der Friedensetage bildet im Treppenhaus der Schrein des heiligen Liborius, des Paderborner Bistumspatrons. Der mittelalterliche Vorgänger des jetzigen Reliquiars fiel 1622 einer Plünderung zum Opfer; der 1627 geschaffene Schrein wurde 1646 bei einer Friedensprozession durch Münster getragen: Von daher bot sich die prominente Positionierung zwischen Krieg und Frieden von selbst an.

Der lange Weg zum Frieden ist das Thema der türkisfarbenen Friedens-Etage. Eintreffen und Unterbringung der Gesandten in der Friedensstadt Münster, ihre Beziehungen zu den Einheimischen sowie die Postverbindungen sind einige Themen dieses Saals. Auch das starke Interesse, das die zeitgenössische Öffentlichkeit dem Fortgang der Verhandlungen entgegenbrachte, wird anhand von Exponaten gezeigt. Es folgt der Kongreß selbst, vor allem die Art und Weise der Verhandlungen und die unterschiedlichen Typen diplomatischer Schriftstücke. Einen Höhepunkt bildet dann der Saal mit den originalen Friedensdokumenten von 1648: Es werden die beiden Exemplare des kaiserlich-französischen Friedens gezeigt, die am 24. Oktober 1648 in Münster unterzeichnet worden sind. Daneben tritt ein Original des Vertrages zwischen Spanien und den Niederlanden, der am 30. Januar 1648 geschlossen worden war (das andere Exemplar dieses Friedens befindet sich im Osnabrücker Teil der Ausstellung). Neben die Verträge selbst treten die Ratifikationsdokumente, d.h. die eigentlich völkerrechtlich verbindlichen Ausfertigungen, unterzeichnet von den jeweiligen Herrschern bzw. im Falle der Republik der Niederlande von den Vertretern der Provinzen. Hier ist auch das berühmte Gemälde Gerard ter Borchs von der feierlichen Beeidigung des spanisch-niederländischen Friedens am 15. Mai 1648 im heute so genannten Friedenssaal des Münsteraner Rathauses zu sehen.

Der gewonnene Frieden wurde in zahlreichen Flugblättern, Münzen und Medaillen gefeiert; die Friedensfeiern in den unterschiedlichen europäischen Städten selbst wurden auf Gemälden und Kupferstichen festgehalten. Mit dem Westfälischen Frieden waren keineswegs alle Konflikte in Europa beigelegt: Kriege gab es auch weiterhin, dennoch wurde der Westfälische Frieden zum Vorbild für anschließende Friedenskonferenzen. Es folgt ein Raum zu den Niederlanden und ihrer Sicht auf den Frieden, dem sie ihre staatliche Unabhängigkeit verdanken. Im letzten Saal schließlich, der den kunsthistorischen Höhepunkt der Ausstellung bildet, werden unter dem Titel "Der Friede ist die höchste Kunst" Spitzenwerke der Malerei aus verschiedenen Ländern Europas gezeigt, die sich mit dem Thema des Friedens beschäftigen. Zentrales Werk ist Peter Paul Rubens' große Allegorie "Minerva schützt Pax vor Mars" aus der National Gallery in London, die hier erstmals außerhalb Englands zu sehen ist.

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