CHARLOTTE CHRISTENSEN Unwiederbringlich - König Christian IV. von Dänemark als Sammler und Mäzen in Friedens- und Kriegszeiten |
Die zahlreichen Niederlagen Christians IV. schmälerten jedoch nicht die Wertschätzung, die die Dänen in späteren Zeiten diesem hochbegabten, aber vom Glück nicht begünstigten Monarchen entgegenbringen sollten. Heute erinnert man sich mehr an seine Bauten und sein Mäzenatentum als an seine Feldzüge und seine diplomatischen Bestrebungen. Als Bauherr und Mäzen war der König persönlich aktiv: Er verfügte über Kenntnisse in der Theorie und Technik der Architektur und fertigte selbst Entwürfe an. Während der Regierungszeit Christians IV. hatte die Kunst am dänischen Hof eine höheren Stellenwert als je zu einem anderen Zeitpunkt in der dänischen Geschichte. Unter seiner Aufsicht wurden neue Städte gegründet mit Namen wie Christianshavn, Kristianstad, Christianopel, Christiania, Christianspris oder Glückstadt, und die königlichen Schlösser wurden prachtvoll ausgestattet.
Bereits Frederik II. hatte hervorragende Künstler an den königlichen Hof geholt: den Maler und Graphiker Melchior Lorck, den Bildhauer Johan Gregor van der Schardt und den Maler Hans Knieper, der auch Kartons für Tapisserien fertigte. [2] Knieper erhielt u.a. den Auftrag für eine Tapisserieserie mit Darstellungen von über einhundert dänischen Königen, die mit dem Sagenkönig Dan begann. Der letzte dieser Wandteppiche zeigt Friedrich II. mit dem jungen Prinzen Christian und den Schlössern Kronborg und Frederiksborg im Hintergrund. Mit dieser Teppichfolge wurde die dynastische Überlegenheit gegenüber dem noch jungen schwedischen Königshaus zum Ausdruck gebracht. Diese Form herrscherlicher Propaganda lag auch einigen der Ausstattungsprojekte Christians IV. zugrunde.
Neben dem Königshof hatte der adelige Astronom und Astrologe Tycho Brahe, der auf der Insel Hven im Öresund lebte und eine der wichtigsten Persönlichkeiten im kulturellen Leben Dänemarks war, großen Einfluß auf den jungen König. Brahe hatte das Horoskop des neugeborenen Prinzen Christian erstellt, das "Urtheil von dieses jungen Herren Nativitet", in dem er die Planeten Venus und Mars als besonders einflußreich auf Christians Schicksal nannte. In seiner Kindheit besuchte der Prinz auch Hven, und hier konnte er zum erstenmal eine Residenz - Uraniborg - erleben, die nach einem in sich geschlossenen Konzept errichtet worden war: In Architektur, Malerei, Skulptur und Gartenkunst kam gleichermaßen die Persönlichkeit des Bauherrn zum Ausdruck. Wenige Jahre später verlor Tycho Brahe die Gunst des Königs und trat 1599 als Hofastronom in die Dienste Rudolfs II. in Prag. [3]
Die bildenden Künstler am Hof aus den ersten Jahren nach der Krönung Christians IV. 1596 sind fast ausschließlich nur aus archivalischen Mitteilungen bekannt. So wurde z.B. Jan van Wijck am 1. Februar 1598 zum Hofportraitmaler mit einem jährlichen Lohn von 60 Talern und der "gewöhnlich Hofkleidung" ernannt, aber weder seine Portraits der königlichen Familie, des schottischen Königs Jakobs VI. und seiner Gemahlin Anna noch seine mythologischen und religiösen Gemälde sind erhalten. [4]
Anläßlich seiner Krönung 1596 in Kopenhagen trat der König zum erstenmal als christlicher Fürst in Erscheinung, und der Bischof von Seeland hob in seiner Krönungspredigt in der Vor Frue Kirche die Göttlichkeit der Königswürde besonders hervor. Ein solches Herrscherverständnis stand im Widerspruch dazu, daß Dänemark noch ein Wahlkönigreich war und daß die Handfeste, die Christian IV. unterschrieben hatte, dem adeligen Reichsrat weitreichende Befugnisse zugestand. Die Krönung war die erste große Machtdemonstration Christians IV., aus deren Anlaß zahlreiche Schauspiele, Ringreiten und Umzüge stattfanden, zu denen auch die angereisten ausländischen Fürsten ihren Beitrag leisteten. So wurden z.B. beim Ringreiten am 3. und 4. September "inventiones" des Markgrafen Christian von Brandenburg nach Entwürfen von Giovanni Maria Nosseni gezeigt, die aus einem "Berg der Tugenden" bestanden. [5]
Im 16. Jahrhundert war die Kunst in Dänemark stark von den dynastischen Verbindungen mit Norddeutschland geprägt. Sophie von Mecklenburg, die Mutter des Königs, war selbst Tochter einer dänischen Prinzessin, und der neugeborene Prinz Christian hatte seine ersten Lebensjahre zusammen mit seinen beiden älteren Schwestern Elisabeth und Anna im Schloß zu Güstrow bei seinen Großeltern Herzog Ulrich und Herzogin Elisabeth von Mecklenburg verbracht. Die ältere der beiden, Elisabeth, heiratete Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, während Anna mit Jakob VI. von Schottland vermählt wurde, der 1603 als Jakob I. auch den englischen Thron bestieg. Eine dritte Schwester, Hedwig, wurde mit dem Kurfürsten Christian II. von Sachsen verheiratet, während Christian IV. sich eifrig für das Glück seiner jüngeren Brüder als Fürstbischöfe in Norddeutschland einsetzte.
1595 besuchte Christian IV. Berlin, wo über seine Ehe mit Anna Catharina von Brandenburg verhandelt wurde, einer Tochter des Markgrafen Joachim Friedrich, der 1598 Kurfürst von Brandenburg wurde. Außer den norddeutschen Fürstenhöfen, die er in seiner Jugend besuchte, lernte er während der Besuche bei seinem Schwager Jakob I. in den Jahren 1606 und 1614 auch die englischen Sammlungen und Königsschlösser kennen.
Die erste wichtige Phase Christians IV. als Baumeister und Mäzen umfaßt den Zeitraum vom Beginn des 17. Jahrhunderts bis zu seinem Eintreten in den Dreißigjährigen Krieg im Jahre 1625. In dieser Periode galt sein Interesse besonders den seeländischen Schlössern Kronborg und Frederiksborg sowie dem kleinen Lustschloß Rosenborg vor den Toren Kopenhagens. Die Gärten wurden mit Springbrunnenanlagen und Skulpturen ausgestattet, die Innenräume mit Wandteppichen und Deckendekorationen. Gleichzeitig wurden die Schloßkirchen mit kostbarem Inventar versehen, zu dem der noch heute erhaltene silberne Altar in Frederiksborg gehört. Überall in den Schlössern wurden die Säle und Gemächer mit reichen Holzschnitzarbeiten dekoriert und mit steinernen Kaminen, Kronleuchtern und Kunsthandwerk in edlen Hölzern, Elfenbein, Schildpatt sowie mit anderen exotischen Gegenständen ausgestattet.
Der auch im europäischen Vergleich herausragenden Bedeutung Christians IV. als Sammler und Mäzen ist bisher nicht genügend Beachtung geschenkt worden. Eine Ursache dafür ist, daß zahlreiche der Kunstwerke, die sich in Christians IV. Schlössern und Kirchen befunden haben, nicht mehr erhalten sind und es daher schwierig ist, die ursprünglichen Ausstattungen mit ihrer Fülle von Gemälden, Skulpturen und Holzschnitzarbeiten zu rekonstruieren. Unsere Kenntnisse der Sammlungen Christians IV. beruhen hauptsächlich auf zwei Quellen: einer Liste über die Kunstwerke, die 1607/08 von dem Diplomaten Jonas Charisius in den Niederlanden erworben wurden, und dem Inventar des Schlosses Frederiksborg aus dem Jahre 1636, ergänzt durch die Übersicht über den Bestand der Sammlung von 1650. [6]
Für Frederiksborg werden darin mehr als 450 Gemälde genannt, aber, wie üblich in den Inventaren der Zeit, die Künstlernamen sind nur selten genannt. Die meisten dieser Werke wurden von den Schweden 1659 als Kriegsbeute abtransportiert, die der schwedische König und seine Generäle dann untereinander aufteilten. Es ist jedoch möglich, einige der aus Dänemark stammenden Werke in den schwedischen Sammlungen zu identifizieren. Eine Liste im Reichsarchiv in Kopenhagen gibt Aufschluß darüber, daß sich 1659 nur noch sehr wenige Gemälde auf Frederiksborg befanden. Es wäre eine interessante Aufgabe für die kunsthistorische Forschung, die Reste der dänischen Sammlungen in schwedischem Besitz zu dokumentieren.
Aber auch die Kunstwerke, die die schwedischen Truppen zurückgelassen hatten, erlitten in Dänemark selten ein besseres Schicksal. Die Brände in den dänischen Schlössern haben nach und nach die meisten Stücke aus den Sammlungen Christians IV. und die kostbaren Ausstattungen der Gemächer und Säle in seinen Schlössern zerstört. So verbrannte ein lebensgroßes Reiterportrait des Königs, als Schloß Christiansborg 1794 abbrannte, während Wandteppiche, Mobiliar und die nationale Portraitsammlung in Schloß Frederiksborg 1859 in Flammen aufgingen. Noch beim Brand des klassizistischen Christiansborg im Jahre 1884 gingen Gemälde aus den Sammlungen Christians IV. zugrunde, unter anderem Bilder aus dem Großen Saal von Rosenborg.
Die ersten größeren, nachweislich bekannten Einkäufe ausländischer Kunst unter Christian IV. finden sich in Jonas Charisius' Übersicht über die Erwerbungen 1607/08 in den Niederlanden. Während seiner Teilnahme an den Friedensverhandlungen in Den Haag erwarb er etwa 150 holländische und flämische Gemälde sowie Musikinstrumente für den Gebrauch des Königs. Einen großen Teil kaufte er auf dem Kunstmarkt in Delft. Auf der Suche nach qualitätsvolleren Arbeiten begab er sich aber auch direkt zu den Malern und Kunsthändlern, z.B. zu Pieter Isaacsz., der erstmals im Zusammenhang mit den Ankäufen des dänischen Königs genannt wird. Bei ihm erwarb Charisius "Jncendium Romae zu zeit Neronis"; bei "Valkenberg", einem Mitglied der Künstlerfamilie Valckenborch, "ij stuck De bello Amazonum"; bei Aert Pietersz. u.a. "j stuck banckett gross auff tuch" und "j stuck of pannell, Conuersio S: Pauli" und bei Otto van Veen eine "Erscheinung Christi im garten, ein langhafft stuck vf thuck" sowie "j tuckische Löwenjagtt". [7]
Unter den Künstlernamen in Charisius' Liste finden sich auch Frans Floris und Frans Francken. Von einem "Meister Cornelio zu Haarlem" wird ein Werk mit dem Titel "Ein Mönch mit einer Nunne" erwähnt, das einem Gemälde von Cornelis Cornelisz. van Haarlem ähneln muß, daß sich heute im Frans Halsmuseum befindet. Unter den Gemälden auf Frederiksborg befand sich vermutlich Pieter Aertsens berühmtes Gemälde einer "Schlachterbude", das heute in den Kunstsammlungen der Universität Uppsala aufbewahrt wird. Im Inventar von Frederiksborg von 1636 findet man die Beschreibung: "j Støcke met Atschillige Slagterie, Samt fisk och fuell, Som er Mallet aff Enn Wed Naffn, Lange Pier, aff Holland, I en forgylt Ramme, som nu findiss i den Lange gang till Sallen offuer Mynten" ( 1 Stück mit verschiedener Stücken Fleisch sowie Fisch und Vogel, das ist gemalt von einem mit dem Namen Lange Pier, von Holland, in einem vergoldeten Rahmen, das sich jetzt in dem Langen Gang zum Saal über der Münze befindet). [8] Es wurden jedoch nicht nur zeitgenössische, sondern auch ältere Werke angekauft, wie etwa die 1551 datierte "Schlachterbude" von Cornelis Cornelisz.
Christian IV. bemühte sich auch mehrfach um Ankäufe größerer Sammlungen. Aus dem Jahre 1621 stammt eine Korrespondenz zwischen dem König und dem burgundischen Dichter und "Ritter" Theodor Rodenburg, der Christian IV. eine Sammlung von nicht weniger als 350 Gemälden im Gesamtwert von 20.000 Reichstalern anbot - zu einem Ankauf kam es aber offenbar nicht. Hieraus geht jedoch hervor, daß der König als wohlhabender Kunstsammler galt, wofür auch ein weiteres Angebot eines gewissen "Fransooes Bastijansen" spricht, der 1624 eine größere Zahl von Gemälden in Auswahl im Kopenhagener Schloß offerierte. [9]
In diesem Zusammenhang muß die "Winterstube" im Schloß Rosenborg erwähnt werden, in der sich zahlreiche Landschaften, Stilleben und Genrestücke von verschiedenen niederländischen Künstlern befanden. Die Bilder sind in eine Holzvertäfelung mit architektonischen Elementen eingelassen, die dem Tischlermeister Gregers Greus (tätig 1600-16) und seinem Nachfolger Willem Mohr (tätig 1616-18) zugeschrieben wird. Der Bilderfolge liegt kein einheitliches Programm zugrunde; sie wurde jedoch als Sammelbestellung, vermutlich bei Pieter Isaacsz., in Auftrag gegeben. Die 1620 fertiggestellte Winterstube ist der einzige noch heute erhaltene Raum, der einen Eindruck von den prachtvollen Ausstattungen der privaten Gemächer Christians IV. geben kann. Alle anderen wurden ausgeplündert oder verbrannten. [10]
In den Jahren 1611-13 führte Christian IV. den sogenannten Kalmarkrieg. Obwohl dieser nicht zu dem gewünschten endgültigen Sieg über die Schweden führte, bekam Dänemark beim Friedensschluß eine außergewöhnlich hohe Kriegsentschädigung zugebilligt, die zu einer Konsolidierung der wirtschaftlichen Situation des Königs führte. Mit zahlreichen Kunstwerken, die nun erstmals auch unmittelbar auf zeitgenössische Ereignisse verweisen, feierte Christian IV. seine Siege. Auf einem um 1614 entstandenen Portrait von Pieter Isaacsz. in Frederiksborg wird der König als Sieger des Kalmarkrieges gezeigt. Mit dem Feldherrnstab in der rechten Hand steht er in dunkler Kleidung vor einem Basrelief, auf dem er ein zweites Mal als römischer Imperator auf einem Triumphwagen, gekrönt von der Siegesgöttin Viktoria, zu sehen ist. Dieses Portrait nimmt eine Sonderstellung unter den erhaltenen Portraits Christians IV. ein, unter denen sich - mit Ausnahme von Adriaen van de Vennes Gemälde des Königs als Friedensstifter - keine Allegorien befinden. Der König ist in zeitgenössischer Kleidung, in Zivil oder als Feldherr, dargestellt; nur Dieussarts Portraitbüste von 1643/44 zeigt ihn all'antica gekleidet, einem römischen Cäsaren gleich. Nirgendwo findet man Darstellungen des Königs als antiken Helden oder Gott, wie das bei anderen zeitgenössischen Herrscherportraits, z.B. bei Heinrich IV. von Frankreich oder Jakob I. von England, der Fall ist.
Pieter Isaacsz., der Meister des heroisierenden "Siegesportraits", wurde 1569 in Helsingør geboren. 1585 war er Schüler Hans von Aachens, italienische Einflüsse in seinem Oeuvre lassen vermuten, daß er auch einige Zeit in Italien verbracht hat. Zudem ist eine Nähe zur rudolfinischen Hofmalerei zu beobachten. Sein Vater Isaac Pietersz. war "Faktor" des Königs in den Niederlanden und seit 1605 "commissaris in de Sond" der Generalstaaten, eine Stellung, die der Sohn beim Tod des Vaters 1617 übernahm. Erst im 19.Jahrhundert wurde bekannt, daß Pieter Isaacsz. schwedischer Spion am dänischen Hof gewesen war. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß dies der dänischen Regierung bekannt war und er in Wirklichkeit als Doppelagent arbeitete.
Die antikisierende Allegorie auf Pieter Isaacsz.' Portrait von Christian IV. weist deutliche Parallelen zu der gleichzeitigen Gesamtkonzeption von Frederiksborg auf. Ein Hauptziel der dänischen Außenpolitik war die absolute Herrschaft zu Wasser, "Dominium maris balticum" und "Dominium septentrionalis" (d.h. im Eismeer nördlich der skandinavischen Halbinsel; dort gab es noch keine festen Grenzen). Solange Dänemark noch beide Küsten des Øresunds beherrschte, konnten durch den Sundzoll hohe Einnahmen erzielt werden, die Christian IV. oft für friedliche Zwecke, insbesondere für die Förderung der Künste, verwandte. Insofern bot sich Neptun als der Gott des Meeres zur huldigenden Allusion auf den dänischen König an.
Das größte der von Christian IV. in Auftrag gegebenen Kunstwerke war Adriaen de Vries' Brunnen für Schloß Frederiksborg. Schon Friedrich II. hatte eine Neptunfontäne mit sich kunstvoll drehenden Figuren aus der Werkstatt des Nürnberger Bildhauers Georg Labenwolff im inneren Schloßhof von Kronborg aufstellen lassen. Ihr zu Ehren war sogar eine Kantate geschrieben worden. Jetzt wurde der königliche Münzmeister auf mehrere Reisen geschickt, um einen Bildhauer zu finden, der einen neuen Brunnen für Frederiksborg ausführen konnte. Zuerst hieß es wenig genau, daß der Münzmeister Nicolaus Schwabe einen "Posserer" entweder in Augsburg oder in Innsbruck finden sollte. Konkret sollte er jedoch den Bildhauer Hans Reichle ausfindig machen, um ihn für das Projekt zu interessieren. Schwabe notierte in seinem Tagebuch: "Den 22 gen Brixen und Botzen, da nach Hans Reichle gefragt, der datzumal in Italia etwan zu Verona oder Venedig sein sollte." [11]
Hans Reichle hatte in Augsburg die große Kreuzigungsgruppe in der Kirche St. Ulrich und Afra und auch die Michaelsgruppe für die Fassade des Zeughauses geschaffen. Am 28. Mai 1614 erreichte Schwabe Venedig und notierte: "der allerdring fleissig nach vmb gefragt nach Hans Reichle vnd andern künstlichen Meistern." Am 12. Juni 1614 kam er schließlich nach Brixen: "Den 12. zu Brixen ankommen, alda mit Hansz Reichle vereinigett, dasz er sich ehestes hier nach Coppenhagen begebn vnd nach Kön.May. anordnung ein brun wie auch andere künstliche sachen machen soll." Auf der Rückreise nach Dänemark erwarb Schwabe für die königliche Sammlung noch eine Marmortischplatte "mitt Vögeln vnd blumen von gegossenem Marmor". [12]
Es ist nicht bekannt, welche Entscheidungen Christian IV. hinsichtlich des Künstlers, der den Brunnen anfertigen sollte, fällte. 1615 ist Nicolaus Schwabe jedenfalls wieder als königlicher Kunstagent in Deutschland und Prag unterwegs, wie aus einem noch heute existierenden "Instruks" hervorgeht:
"Esz soll ietzbemelter vnser Münzmeister, sobald er zu Prage angelangt, sich zu Adrian de Frysz, ehister gelegenheit verfügen vnd mit ihme Contrahirn, dasz er den Brunnen alhie, mit possieren vnd Giessen verfertigen solle, dafür er ihme 5000 Taler zusagen mag, jedoch dessen bedings, sich mit seinem Volgk anhero ins Reich, selbst zubegeben ...". [13]
Darüber hinaus sollte Schwabe noch einmal den Bildhauer Hans Reichle in Brixen aufsuchen, um ihn zu überreden, nach Dänemark zu kommen. Ebenso sollte er Kamine bei Giovanni Maria Nosseni in Dresden bestellen "mit solcher Condition, dasz der Meister sie auf dem Elbstrom, bis in vnser Stadt Hamburgk, lieffere ..." Auf dieser Reise gelang es Schwabe, einen Vertrag mit Adriaen de Vries über die Brunnengestaltung abzuschließen. Zusätzlich erwarb er bei dem kaiserlichen Hofbildhauer eine Reihe von Kleinbronzen und ein Gemälde und notierte:
"Von keyserlicher May. bildhawer kaufft ein liegendt bilde von gegossenem Marmor, kost 125 Rd / Jupiter in gestalt eines ochsen, wie er die europam übers wasser führet, für 54 Rd. / Ein sitzendt weiblein für 10 Rd. / Noch ein sitzendt weiblein, so sich kemmet, für 8 Rd. / Ein gemalt grosz quater von Corosia Piazentino, ist schön, die drey Magi de oriente für 1000 Rd." [14]
In Dresden erwarb Schwabe einige, heute nicht mehr erhaltene Wachsskulpturen von Giovanni da Bologna, dem führenden Bildhauer an den europäischen Fürstenhöfen:
"Noch folgende wachs bilder, so ich zu Dresden bekommen. / Ein gross alt man nackent. / Ein weiblein sitzendt mit dem spiegel, darzu einem Mercurius von Johan Polongia. / Ein Crucifix mit 2 schecker, auch Johannis und Maria dabey. Ein Centaurum mit dem weible / Ein liegendt weiblein mitt dem Satyra / Ein stehendt Hercules, alles von Polongia / Für dieses alles bezahlt 100 Rd". [15]
1616 mußte Schwabe wieder "nach Prag, Dressen vnd Leiptzig [...] reisen, imb die bestelten sachen in richtigkeit vnd gewisse versicherung zu machen". Zu diesem Zeitpunkt war Adriaen de Vries bereits mit allen vereinbarten Skulpturen fertig: "Den 16. Oktober gen Prag kommen alda beim Herrn Adrian de Friss die 4 grossen bilder schön gegossen vnd die 3 fast fertig gefunden ..." Es handelte sich vermutlich um den Neptun und die drei auf Delphinen ruhenden Najaden sowie die kleineren Figuren von Merkur, Viktoria und Fama, die als eine Allusion auf Dänemarks Herrschaft über die nördlichen Meere verstanden werden konnten.
Der Neptunbrunnen stand im vordersten Hof von Frederiksborg. Heute vermittelt dort nur noch eine Rekonstruktion aus dem 19. Jahrhundert mit Abgüssen nach den Originalen einen Eindruck von den Skulpturen des Adriaen de Vries. Die Originale befinden sich in Schweden. Der Bildhauer, der die Skulpturen in Prag anfertigte, kam jedoch nie nach Dänemark - was wünschenswert gewesen wäre, denn die Aufstellung des Brunnens bereitete den dänischen Handwerksmeistern große Schwierigkeiten.
Mit der Aufstellung des Neptunbrunnens wurde die gesamte Anlage von Frederiksborg der friedlichen Herrschaft gewidmet. Dies kommt auch in anderen Skulpturen zum Ausdruck. Am Münzhaus (Audienzhaus) befindet sich ein um 1615 angefertigtes, großes Sandsteinrelief von Hans van Steenwinckel d.J., auf dem die Geburtsplaneten des Königs Venus und Mars, Liebe und Krieg, Hochzeit feiern, umgeben von musizierenden Figuren. Im inneren Schloßhof wurde eine Marmorgalerie nach dem Entwurf von Hans van Steenwinckel d.J. ausgeführt, deren Reliefs und Freiskulpturen aus der Werkstatt von Hendrick de Keyser in Amsterdam stammen. Der größte Teil der Skulpturen kann Geraert Lambertsz. zugeschrieben werden. Diese Marmorgalerie, die bei dem Brand von 1859 zerstört wurde, hatte die Planeten und ihren Einfluß auf das Menschenleben zum Thema, vermutlich in ähnlicher Weise, wie Mars und Venus mit dem Horoskop des Königs in Verbindung gebracht worden waren.
Die einzelnen ikonographischen Elemente der Dekoration von Frederiksborg, sowohl im Kirchenflügel mit seinem Großen Saal, der als oberster Raum noch über der Kirche liegt, als auch in der skulpturalen Ausschmückung der Gebäude, unterliegen einem Gesamtkonzept, in dem die Ideen von weltlicher und christlicher Herrschaft zusammenwirken.
Die Decke im Großen Saal war mit Holzschnitzarbeiten und Skulpturen geschmückt, die das ganze menschliche Leben darstellten, möglicherweise als eine Allegorie auf die artes mechanicae und die artes liberales. [16] Man sah Darstellungen der Gießerei, Uhrmacherkunst, Buchdruckerkunst, Navigationstechnik und des Mühlenbetriebes, dazu die Monate und Jahreszeiten mit den jeweils typischen Arbeiten. Da man auch hier mit einem Vielfachen der Zahl Sieben arbeitete, muß man annehmen, daß die sieben Planeten eine Rolle in dieser Ausschmückung gespielt haben.
Für diesen Saal wurde auch das zweite große Werk zum Kalmarkrieg ausgeführt, das bei Karel van Mander II. 1616 bestellt wurde. [17] Eine Serie von Wandteppichen sollte die wichtigsten Begebenheiten des Krieges wiedergeben, für die Karel van Mander II. eine Reise zu den Kriegsschauplätzen unternahm. Bereits während des Feldzuges hatte der König Zeichnungen von Schlachten und Belagerung anfertigen lassen, und der Maler Jakob Rappost erhielt die Aufgabe, seine eigenen Darstellungen des Kalmarkrieges in Kupfer stechen zu lassen. Nachdem Karel van Mander innerhalb von zwei Jahren die versprochenen Wandteppiche fertiggestellt hatte, wurde die Serie erweitert, so daß sie insgesamt zweiundzwanzig Teile umfaßte, von denen einige auch Szenen der Krönung Christians IV. wiedergaben. Für diese Darstellungen bediente sich van Mander vermutlich Bildmaterials, das bei dem Maler Dietrich Moll aus Lübeck bestellt worden war. Dieser hatte 300 Taler für eine Serie kolorierter Zeichnungen erhalten, die sich nur noch in Archivquellen nachweisen läßt. [18] Die Zerstörung der Wandteppiche beim Brand in Schloß Frederiksborg stellt einen großen Verlust für das kulturelle Erbe Dänemarks dar, den die mittelmäßigen Zeichnungen nach der Kalmarserie von Heinrich Hansen und F.C. Lund nicht zu ersetzen vermögen. Zur Zeit Christians IV. wurde bei den nordeuropäischen Fürsten Wandteppichen weitaus größere Bedeutung zugemessen als Gemälden und Fresken, und dieser Propagandawert blieb beim schwedischen Publikum nicht unbemerkt. Als die Schweden das Protokoll beim Frieden in Roskilde 1660 bestimmen konnten, veranlaßten sie, daß die Kriegsmotive der Wandteppiche zugedeckt werden sollten.
Über die Ausstattung von Schloß Kronborg weiß man noch weniger als das, was man für Frederiksborg rekonstruieren kann. Dieses Schloß brannte 1629 beinahe völlig nieder. Aber Aufzeichnungen von Prinz Christian von Anhalt lassen den Schluß zu, daß auch im Großen Saal von Kronborg Kriegsszenen eine große Rolle spielten. Am 7. März 1623 notiert der Prinz:" Man hat uns erstlich das Schlosz sehen lassen, ein schönes gebeüde ganz quadrat vnd mit schönen gemächern ansehlich geziert, sonderlich aber hat es darinnen einen schönen langen Saal von 101 Schritten vnd 25 breit, mit zwey Alabastern vnd Marmelsteienern Caminen. ueber vnd neben den fenstern stehen in der höhe hübsche Kriegesthaten angemalet." [19]
Für diesen "Tanzsaal" im Schloß Kronborg ließ Christian IV. noch in seinen letzten Lebensjahren eine umfangreiche Serie über die Heldentaten der dänischen Könige und Denkwürdigkeiten der dänischen Geschichte ausführen.
Das Schloß von Kopenhagen entsprach nicht den Ansprüchen Christians IV. an eine königliche Residenz, und ein Besucher aus Lübeck hat über das Schloß geschrieben, daß "es eher der Residenz eines kleinen Fürsten als eines grossen Königs ähnelte" - mit dem besonderen Hinweis, daß im inneren Schloßhof ein Wolf an der Kette gelegen habe. Deshalb hielt sich Christian IV. lieber im Schloß Rosenborg auf, einem Lusthaus vor der Stadt, das er ab 1606 errichten ließ. [20] Wie in Frederiksborg spielten bei der künstlerischen Ausschmückung dieses an eine mittelalterliche Ritterburg erinnernden Gebäudes auch die Planeten eine große Rolle. Die Gemälde für den Großen Saal, die 1618 bestellt wurden, gelten als die früheste allegorische Bilderserie mit weltlichem Inhalt, die in Dänemark geschaffen wurde. Dieser Zyklus basiert auf einem konkreten Programm, das nur von einem gelehrten Humanisten erarbeitet worden sein konnte. Wer am Hofe bei der Gestaltung Rosenborgs behilflich gewesen ist, ist nicht bekannt. Es ist jedoch denkbar, daß es Pieter Isaacsz.' Bruder, der Historiker Johannes Isaac Pontanus, gewesen ist, der für den dänischen Hof arbeitete. Leider sind viele der Gemälde der Serie verschwunden oder verbrannt, so daß man das Programm nicht vollständig rekonstruieren kann. Von zentraler Bedeutung war jedoch wieder das Planetenkinder-Motiv, bei dem das ganze Leben des Menschen unter dem Einfluß der Sternzeichen wiedergegeben wird, darüber hinaus haben vermutlich die Temperamente und die Erdteile eine Rolle gespielt. [21]
Prinz Christian von Anhalt besuchte Rosenborg am 4. März 1623: "Das lusthaus darinnen ist wol zu sehen, ein fein geben aus gebackenen Steinen augeführet... Von dar auf einen groszen Saal, so in der Höhe des hauses vnd mit schönen Malwerck, das ganze menschliche leben repräsentierende und figuren von Gyps gegoszen, ausgemacht; dieser Saal ist oben gewölbet vnd ohne Säulen, mit zwey Marmelsteiner Kaminen...". [22] Außerdem erwähnt er unter den Ethnographika des Schlosses "ein klein Cabinet, in welchem etliche Japanische Säbel, Messer vnd Teppich, auch gemälde vnd bilder." Er berichtet weiter: "Die badstube ist ganz verzinnet einwendig vnd artig gebauwet, mit aller Zugehör vnd Silber badzeug" und "ein Indianisch Tragzeug ... fast geformet wie ein Bette, darinnen sie ihre Könige zu tragen pflegen."
Während die Marmorgalerie in Frederiksborg noch bei Hendrick de Keyser in Amsterdam ausgeführt wurde, darf man annehmen, daß sich Christian IV. zu diesem Zeitpunkt bereits bemühte, eine einheimische Malerschule zu gründen. Vermutlich wurden dänische Maler zu Pieter Isaacsz. und Frans Cleyn in die Lehre gegeben und auf Studienreisen geschickt, ebenso wie die Musiker des Königs. In dieser Zeit entstanden in Dänemark auch merkantilistische Manufakturen und überseeische Handelskompanien.
Es spricht vieles dafür, daß die Gemäldeserie in dem langen Saal von Rosenborg mit seiner Planetenkinder-Ikonographie auch als ein Sinnbild für ein Friedensreich verstanden werden sollte. Jedes Bild zeigt ein bestimmtes Lebensalter und ein bestimmtes Sternzeichen, aber alle wiedergegebenen Szenen sind friedlich. Man sieht Säuglinge mit ihrer Amme, Knaben auf dem Weg zur Schule und Jünglinge, die auf einer Brücke kämpfen. Das letzte Bild zeigt "Senectute", wo Saturn und der Winter herrschen, während der Greis in seiner Stube studiert. Die besten Maler am dänischen Hof arbeiteten an diesem Zyklus mit: Frans Cleyn und sein Kreis haben offenkundig die frühen Altersstufen ausgeführt, während Pieter Isaacsz. und sein Kreis "Mannestum" und "Alter" übernahmen. Unter den dänischen Malern befanden sich Reinhold Timm, Søren Kier (Severinus Paludanus), Morten Steenwinckel und vielleicht Isaac Isaacsz., der Sohn von Pieter Isaacsz.
Isaac Isaacsz. datierte und signierte eine große Allegorie über die Macht des dänischen Königs: "Isaac Isacs fecit in ANTWARP 1622". Unter Verwendung von genau kopierten Rubens-Kompositionen zeigt Isaac Isaacsz. Cybele mit allen Arten von Früchten im Arm zusammen mit Neptun und seinem Dreizack. Ein Triton bläst auf einer Muschel zu Ehren der Vereinigung von Land und Meer. Im Hintergrund sieht man die zwei dänischen Städte, auf denen die Herrschaft über das Baltikum beruht: Helsingborg und Helsingør mit Kronborg. Isaac Isaacsz. folgte mit großer Treue einem Rubens-Gemälde mit Personifikationen des Landes und des Meeres, das sich heute in der Eremitage in St. Petersburg befindet. Die weiß-rote Draperie bei Rubens' Göttin jedoch änderte er in die Farben Rot und Gelb, die Farben des dänischen Königshauses, der Oldenburgern, und verwandelte so das Gemälde in eine Huldigung an Christians IV. und dessen Familie.
Die christlichen Aspekte der königlichen Macht erhielten ihren deutlichsten Ausdruck in der Schloßkirche von Frederiksborg, insbesondere in der privaten Kapelle des Königs. [23] Diese war mit zahlreichen Kunstwerken, die Pieter Isaacsz. bei in den Niederlanden lebenden Künstlern in Auftrag gegeben hatte, aufwendig ausgestattet worden; von Künstlern wie Pieter Lastmann wurden 22 Gemälde mit religiösen Motiven geschaffen, während Evert Crynss v.d.Maes die Glasmalereien anfertigte. Die Decke, die Paneele und die Türen waren mit Schnitzereien in Ebenholz, Muskatnußbaum und anderen kostbaren Holzarten versehen. Die Decke war mit Früchten und Blattwerk aus getriebenem Silber geschmückt, später wurden diese Silberornamente durch Elfenbeinrosetten ersetzt, die der König selbst gedrechselt hatte. Pieter Isaacsz. malte eine "Mariae Verkündigung" für diesen Raum, der auf einigen Gemälden von Heinrich Hansen wiedergegeben ist, die vor seiner Zerstörung durch den Schloßbrand von 1859 entstanden waren.
Als die großen Galerien mit Wandteppichen und Gemälden, die Neptunfontäne und die bunten, reich dekorierten Gemächer wie die "Winterstube" und die "Betkammer" fertig waren, sollten die glorreichen Tage des Königs bald zu Ende gehen. 1625 trat Christian IV. trotz der Warnung des Reichsrats in seiner Eigenschaft als Herzog von Holstein und Oberst des niedersächsischen Kreises in den Krieg ein. Die Bedenken des Reichsrats erwiesen sich als wohlbegründet, als Christian IV. am 27. August 1626 von Tilly in der Schlacht bei Lutter am Barenberge geschlagen wurde. 1627 folgte die Besetzung von Holstein und Jütland durch Albrecht von Wallenstein, und beim Frieden von Lübeck wurde der König nur unter der Bedingung geschont, daß er sich jeder Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Reiches enthalte.
Nach dem Kalmarkrieg war Dänemarks finanzielle Situation schlechter als in den Jahren vor 1615. Daher erhielten die Künstler nur wenige Aufträge vom Hof und einige begaben sich in die Dienste anderer Fürsten. Frans Cleyn wurde dem englischen König von Christian IV. selbst empfohlen und war bereits 1622 in England, während es nur eine Vermutung ist, daß Jacob van Doordt sein Empfehlungsschreiben von 1624 zu einem Besuch bei Jakob I. nutzte. 1626 portraitierte er die dänische Königinwitwe Sophie, und später ist er im Dienst Gustav Adolfs zu finden.
Im Schloß Rosenborg befindet sich ein Gemälde des sitzenden Schmerzensmannes, das Reinhold Timm zugeschrieben wird und das auch in einer anderen Version im schwedischen Kunstraub wiederzufinden ist. Auf dem Rahmen des Gemäldes von Rosenborg befindet sich ein von Christian IV. eigenhändig geschriebener Zettel, aus dem hervorgeht, daß es sich hierbei um die Darstellung einer Erscheinung handele, die der König im Schloß Rotenburg in Niedersachsen hatte: "Dijser gestalt ist miir den 8. Decem: auff dem hausse Rodenburg Morgens friie gezeiget der hon und Spott, so vnser Erlösers und Seelischmacker Christus Jesus vnseredthalben gelitten, beii wierendem Gebet zu Godt führ die nodt der gansen Evangelische kirchen Anno 1625. Christanus IIII D.G. Rex Daniæ et Norvegiae etc. Ma: pro: Sc." [24]
Als Kronborg 1629 niederbrannte, weigerten sich die Reichsräte, den Wiederaufbau zu finanzieren. Der König erhöhte dennoch für die erforderlichen Baumaßnahmen den Sundzoll. Die großen Gemäldeserien aus den Spätjahren des Königs wurden alle für Kronborg geschaffen. Mit ihnen wurde der Anspruch Dänemarks auf die führende Stellung im Norden erneuert. Die ersten Bestellungen gingen an Gerrit von Honthorst, den beliebtesten Hofmaler des Nordens seiner Zeit. Aus Anlaß der Vermählung des Kronprinzen Christian von Dänemark mit Prinzessin Magdalena Sibylla von Sachsen 1635 haben Honthorst und sein Atelier Deckengemälde mit Szenen aus Heliodors Roman "Theagenes und Characlea" für Kronborg ausgeführt, die sich noch heute in situ befinden.
Christian IV. nutzte im Jahre 1634 die Hochzeit des Kronprinzen, der schon 1647, ein Jahr vor seinem Vater, sterben sollte, zu einer Machtdemonstration von sagenhafter Pracht. Noch einmal wollte der König seine internationale Bedeutung zur Schau stellen. Feste, Feuerwerk und das Musiktheater von Heinrich Schütz kosteten mehr als je irgendeine andere Festlichkeit des Hofes in Dänemark - und das zu einem Zeitpunkt, als die finanzielle Situation des Königs bereits sehr angespannt war. Der Ehrgeiz des Königs jedoch war ungebremst, und 1637 erhielt der Kupferstecher Simon de Pas den Auftrag zu einem äußerst aufwendigen Werk. [25] Zuerst sollte die Geschichte Dänemarks und der dänischen Könige in einer Reihe von Kupferstichen dargestellt werden. Gemälde nach diesen Kupferstichen sollten den Besuchern von Kronborg die Heldentaten der dänischen Könige und die Höhepunkte der vaterländischen Geschichte vor Augen führen. Die Anweisung Christians IV. für diese Serie verdient zitiert zu werden, da sie einen Versuch darstellt, die Taten der vaterländischen Geschichte dem Volke ins Gedächtnis zu rufen: "Wir Christian etc. thuen kundt, Nachdem wir Vnser vor diesem durch eine fewersbrunst sehr beschädigtes vnd verderbtes hauss Croneburg durch göttliche Verleihung wieder reparirt und auffgebawet dass wir anitzo ferner enstschlossen sein, desselben zimmer vnd gemächer mit gemahlten Stücken vnd andern dazu gehörenden zierath Königlich wieder anzurichten vnd auszustaffiren. Weil wir dan zu den gemählten keiner besser argument oder Subiectum gewust, als vnser Vorfahren, der alten Könige von Dännemarck tapfere vnnd Heroische Thaten, als welche von der Vergessenheit errettet werden, sondern auch Vnss und Vnsern Nachkommen, die sie in ihren gemächern hatten, eine krefftige anmahnung geben wurden, denselben nachzufolgen, vnd dieser Cron hohe reputation, die sie zu ihren zeiten durch die ganze Welt ausgebreitet, nicht allein in ihrem Splendore zu erhelten, sondern auch noch weiters zu vermehren; So haben wir mit dem Ehrsamen vnd kunstreichen Vnserm bestelten Kupferstecker vnd lieben getr. Simon de Pass dahin handeln vnd schliessen lassen, dass er vier vnd achtzig Stück von derselben Thaten und Verrichtungen, nach einer schriftlichen Information vnd verzeichnuss, die wir ihm auss den alten geschichtschreibern geben lassen, in klein Format, iedes nach der grösses eines gemeinen Papiers, von den besten, vnd zu solchen Wercken am tüchtigsten Meistern inn den Vereinigten Niederlanden solle zeichnen lassen, welche die Mahler, die wir hernach weiter dazu verordnen würden, dilatiren vnd inss gross bringen künten." [26]
Es war die Absicht des Königs, durch die Kupferstiche das Wissen um diese Ereignisse über den Kreis hinaus zu verbreiten, der Zugang zu den Gemächern des Schlosses erhielt. "Damit auch gedachtnuss solcher heldenthaten, dadurch Vnsere Vorfahren dieses Königreichs glori erhalten, vnd die Nachkomlinge propagiret haben, nicht in dem beschluss vnser zimmer verbleiben, sondern menniglich zu Theil werden müchten [...]"
Als Kupferstecher an der Universität seit 1624 hatte Simon de Pas lange in Verbindung mit den Gelehrtenkreisen in Dänemark gestanden, und die Serie zur vaterländischen Geschichte, so wie sie in Form von Zeichnungen und Gemälden überliefert ist, zeichnet sich durch eine für die Zeit bemerkenswerte Sorgfalt in bezug auf die historische Genauigkeit aus. Hierdurch unterscheidet sie sich von den wenigen früheren europäischen historischen Fürstenserien, mit denen man sie vergleichen kann: Barent van Orleys Wandteppiche mit der Geschichte des Hauses Nassau, Pieter de Wittes Candids Studien und Kartons für das Haus Wittelsbach und Rubens' Gemäldezyklus für das Palais de Luxembourg mit der Geschichte Maria de Medicis. Besonders die ersten Zeichnungen in der Reihe, die von Simon de Pas' Bruder Crispin de Pas ausgeführt wurden, sind ausgesprochen interessante Darstellungen von Opferszenen bei den Kimbern und ihres siegreichen Kampfes gegen die Römer, die auf Schriften von Strabo oder Thietmar von Merseburg zurückgehen. Man sieht z.B. eine heidnische Priesterin (mit Brille!), die die Zukunft aus Eingeweiden deutet, ebenso die alten Daner, die mit den Statuen von Odin, Thor und Freja zur Menschenopferung ziehen.
Für diese aufwendige Serie wurde am 10. Mai 1639 die folgende Vollmacht ausgestellt: "auff Simon de Passen wegen Verfertigung etzlicher Schildereyen, in Teutschlandt, Holland vnd Brabandt, mit gewissen Meistern zu contrahieren". [27] Es existieren Dokumente für 47 Gemälde, aber heute sind nur 15 bekannt, und man weiß nicht, wie viele wirklich gemalt wurden. Aber allein Gerrit van Honthorst soll 1.100 Gulden pro Bild für die 15 bei ihm bestellten Historienbilder erhalten haben. Die Kosten für diese letzte große Propaganda für den dänischen König im Gemälde waren enorm hoch - daher verwundert es nicht, daß Christian IV. zuletzt sowohl die Börse in Kopenhagen als auch seine eigene Krone verpfänden mußte.
Daß Christian IV. sich noch in seinen letzten Lebensjahren als Regent von europäischer Bedeutung sah, geht deutlich aus seiner Portraitikonographie hervor. Ende der 1630er Jahre noch, in Abraham Wuchters' wohl 1638 datiertem Portrait, ist die Darstellung des Herrschers als einsame Gestalt in Zivilkleidung in einer öden Landschaft (Frederiksborg) zurückhaltend, beinahe melancholisch. Aber 1643, als Jütland wieder von Torstensons Truppen besetzt wird, wird dem Bildhauer François Dieussart in Verbindung mit den Vorarbeiten für eine Reiterstatue von Christian IV. eine Studienreise nach Rom bezahlt. Dieses für einen verarmten Regenten äußerst ambitiöse Projekt wurde jedoch nicht mehr realisiert. Der Künstler führte noch zwei hervorragende Büsten aus, die den König als antiken Heerführer zeigen. Das Exemplar in Bronze in Schloß Rosenborg wurde 1650 nach dem Tod des Königs in der Kanonengießerei in Glückstadt gegossen. Geht man davon aus, daß Büste und Reiterportrait den gleichen Intentionen folgten, besäße Dänemark - wenn letzteres realisiert worden wäre - heute ein einzigartiges frühes Monument seines Königs all'antica.
Es ist wahrscheinlich, daß Karel van Manders III. großes Reiterportrait des Königs, dessen zwei Versionen ihn in Zivilkleidung und in Rüstung zeigen, in Verbindung mit den Vorarbeiten zur Reiterstatue gestanden hat. In Schloß Frederiksborg und in Schloß Eutin befinden sich zwei Repliken des Portraits in Rüstung von ungefähr 1642-44. Sie zeigen den König im Harnisch in den oldenburgischen Farben Rot und Gelb vor einer brennenden Stadt, die von dänischen Reitern gestürmt wird. [28] Aus eben dieser Zeit stammt auch Adriaen van de Vennes Allegorie "Christian IV. als Friedensstifter". [29] Christian IV. ist umgeben von seiner Familie und wird von Gerechtigkeit und Klugheit beraten. Die Frömmigkeit bringt ihm den Frieden. Auf der linken Seite des Gemäldes stehen die europäischen Mächte in Erwartung des glückbringenden Einsatzes des dänischen Königs, während der Schweizer Freiheitshut zum Himmel gehoben wird. Christian IV. war 1641 als Vermittler zwischen den Parteien des Dreißigjährigen Krieges anerkannt worden und hoffte nun, diese Position nutzen zu können, um zu verhindern, daß die Schweden von ihren militärischen Triumphen profitierten. Aber im Dezember 1643 drang der schwedische Feldmarschall Lennart Torstenson in Jütland ein, und der dänische König griff auf fast mittelalterliche Weise persönlich in den Krieg ein. Während der Seeschlacht auf der Kolberger Heide zwischen Kiel und Fehmarn wurde er schwer verwundet und verlor durch eine Granatenexplosion das Augenlicht des rechten Auges.
Nach dem demütigenden Frieden von Brömsebro 1645 mußte Christian IV. noch erleben, daß die Kontinuität der königlichen Erbfolge in Gefahr geriet, als der "Erwählte Prinz" Christian 1647 starb, im selben Jahr, in dem die prächtige letzte Ruhestätte des Königs, das Grabmonument für den Dom von Roskilde, beim Brand des Zeughauses zugrunde ging. In gewisser Weise läßt sich das Ende der langen Regierungszeit Christians IV. mit dem Kaiser Franz Josephs von Österreich vergleichen: ein großes Reich, das sich auflöst, ein Herrscher, der die Verbindung zu seiner Zeit verloren hat, und ein Mann, der in seinem Privatleben kein Glück gefunden hat. Nur gut, daß der dänische König nicht ahnen konnte, daß seine Kunstschätze als Kriegsbeute und durch Zerstörungen unwiederbringlich verloren gehen sollten.
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