Der Aufbau |
Der Aufbau ist der Höhepunkt einer langen Phase der inhaltlichen Vorbereitung und einer oft weniger langen, aber dafür um so intensiveren Zeit der Ausstellungsorganisation. Viele hundert Briefe zwischen den Leihgebern - Museen, Archiven, Bibliotheken, privaten Sammlungen - und dem Leihnehmer - den Organisatoren der Europaratsausstellung - sind bereits gewechselt, wenn endlich eine Liste aller Exponate erstellt werden kann. Sie ist das A und O für alle weiteren Aktivitäten in Hinsicht auf die Realisierung der Ausstellung. Im Fall der Europaratsausstellung waren es schließlich über 300 Leihgeber, die sich von ihrem Besitz trennten, um am Feiern des Westfälischen Friedens teilzuhaben, und über 1300 Exponate füllten die Räume des Westfälischen Landesmuseums in Münster sowie der Dominikanerkirche und dem Kulturgeschichtlichen Museum in Osnabrück.
Die Inszenierung
Der Transport von über 1300 Werken und Objekten aus Deutschland und ganz Europa - die längste Reise legte übrigens ein Porträt aus São Paulo zurück - und deren Unterbringung in drei Ausstellungshäusern an zwei verschiedenen Orten stellte hohe Anforderungen an die logistische Planung. Erfahrung, Überblick, nicht endenwollende Detailarbeit und bisweilen auch ein gehöriges Maß an Improvisationstalent waren gefragt, bis die wertvollen Objekte und Kunstwerke in ihrem Museum auf Zeit angekommen waren. Vom winzigen, in Elfenbein geschnitzten Gustav II Adolf im Sarg bis zur viele Tonnen wiegenden Kanone aus Schweden, die man, so die Erlaubnis des Leihgebers, sogar im Freien hätte abfeuern dürfen, vom siegelschweren Vertrag bis zum glanzvollen Friedensbild: in luftgefederten Lkw, in klimatisierten Kisten, in persönlich überbrachten Köfferchen, zwischen säurefreiem Seidenpapier, in Luftpolsterfolie und meistens in Begleitung von Kurieren - fast 100 für diese Europaratsausstellung - traf schließlich alles fristgerecht, in Transporten rund um die Uhr, ein und wurde in einer Rekordzeit von nicht einmal vier Wochen an die Wände gehängt, in Vitrinen plaziert, in den vorgesehenen Räumen installiert.
All dies von Anfang bis Ende unter den wachsamen Augen und mit Hilfe des handwerklichen Geschicks der Restauratoren, die beim Auspacken des Objektes anwesend sind, ein Protokoll seines Zustandes anfertigen, die Hängung begleiten, die Vitrinen "einrichten" und später das Klima in den Ausstellungsräumen kontrollieren und gegebenenfalls korrigieren lassen. Womit das Thema der Sicherheit angesprochen wäre, das nicht nur eine Versicherung jedes einzelnen Kunstwerkes oder Objekes - hier sind sie alle über 300 Jahre alt und schon deswegen besonders schützenswert - "von Nagel zu Nagel" bedeutet. Auch heißt Sicherheit nicht nur die Außenhautsicherung des Museums, die direkte Alarmverbindung zur Polizei oder die Alarmsicherung einzelner Bilder oder Vitrinen. Sicherheit beinhaltet auch die adäquate konservatorische Behandlung eines jeden Exponats: ausreichende Luftfeuchtgkeit für die hochempfindlichen Gemälde auf Holz, niedrige Beleuchtungswerte für Handschriften auf Pergament oder Papier, klimatisierte Vitrinen für kostbare Rüstungen oder Waffen. Und natürlich auch die Bewachung der Räume während des Aufbaus und der Laufzeit der Ausstellung, die man bereits weit im Vorfeld organisieren muß.
Rubens als Kraftakt
Auch manche unangenehme Überraschung konnte die Arbeiten unterbrechen, aufhalten und in die Länge ziehen: die Prunkrüstung wurde fest auf einen Sockel montiert angeliefert - und paßte so nicht mehr in die vorgesehene Vitrine, ein Satz Graphiken traf, anders als geplant, ungerahmt ein und mußte erst in der Werkstatt hergerichtet werden, eine Kiste hatte sich nach Osnabrück verirrt, deren Inhalt aber eigentlich nach Münster gehörte. So ging es kurz vor der großen Eröffnung dann ziemlich hektisch zu. In aller Eile und in letzter Minute wurden Kunstkisten abtransportiert, Arbeitstische abgebaut, Verpackungsmaterial verstaut, Ordner zurück in die Büros gebracht und staubige Vitrinen noch schnell geputzt, bevor "die Sicherheit" das Ausstellungs-Terrain für sich beanspruchte. Der letzte organisatorische Akt vor dem glanzvollen Auftritt der Staatsoberhäupter war für einige Mitarbeiter dann die Beaufsichtigung der Polizeihunde, die, von ihren uniformierten Besitzern animiert, alle Ausstellungsräumen mit ihren guten Nasen und außerordentlich temperamentvoll nach verdächtigen Stoffen absuchten. Befund: negativ - und die hohen Herrschaften konnten kommen.