Wenzel Hollar, nach einem Gemälde von Cornelis Schut (1607-1677)

Allegorie auf den Frieden, vor 1648

Der Kupferstich „Allegorie auf den Frieden“, den der böhmische Kupferstecher und Zeichner Wenzel Hollar (1607-1677) in den Jahren vor dem Friedensschluss in Münster als leicht abgewandelte Version des Ölgemäldes „Allégorie de la Paix“ von Cornelis Schut (1597-1655) fertigte, wird durch folgende Verse erläutert.

 

“Ainsy respande la Paix, de son cor d‘abondance,

Ses faueurs par l’Empire, l’Espagne et la france,

les Roys tienne unis, les peoples obeißans,

Sous vous, o Grand Philippe, et vostre race, florissans:

Bien tost meure la Guerre, et du vieil Siecle ferré

tout les maux, en donnant place au bel âge doré.“

 

„Jetzt streue Pax aus ihrem Füllhorn ihre Gaben über

das Reich, Spanien und Frankreich aus /

halte die Herrscher vereint, die Völker gehorsam /

unter Euch, o Großer Philipp, und Eurem blühenden

Geschlecht.

Möge der Krieg bald sterben und mit ihm alle Übel

des Eisernen Zeitalters / dem schönen Goldenen

Zeitalter weichen.“

Durch diese Bildunterschrift wird die allegorische Darstellung als Friedenswunsch in Bezug zum Westfälischen Friedenskongress gesetzt.

 

Der zunächst unübersichtlich erscheinende Stich gliedert sich bei genauerer Betrachtung in zwei Personengruppen auf. In der linken Bildhälfte befindet sich die fast unbekleidete Göttin Astraea, die sich einem von einem Genius gehaltenen Spiegel zuwendet. In ihrem Rücken steht schützend Minerva, Schutzherrin von Krieg und Frieden sowie der Weisheit und der Künste, die mit präsentierender Geste das Haupt der schönen Nackten enthüllt. Die rechte Bildhälfte zeigt die entsprechende Szene, in deren Mittelpunkt eine weitere kaum bekleidete Frau im Profil zu sehen ist. Das außergewöhnlich große Füllhorn – voller Früchte und Getreide – in ihrem Arm sowie ein Ölzweig in ihrer rechten Hand bestimmen sie als Pax. Über der von einem Putto zu ihren Füßen präsentierten Erdkugel umarmen sich zwei weitere Frauengestalten, bekrönen sich gegenseitig mit Blumenkränzen und ergeben so ein Bild der allgemeinen Versöhnung, des sich über Europa ausbreitenden Friedens und des daraus resultierenden baldigen Wohlstandes.

 

Über beiden Figurengruppen schweben weitere Putti, in den Händen Wappen, bestehend aus einer Kombination der Wappen Frankreichs, Spaniens und des Deutschen Reiches. Oberhalb des Geschehens reißt zwischen den zwei Gruppierungen der dramatisch wolkenverhangene Himmel auf, aus dem Gott eine Friedenstaube mit dem Ölzweig entsendet.

 

Umgeben ist die Szenerie von einem Ambiente, welches auf der rechten Seite das gegenwärtige Eiserne Zeitalter des Krieges und des Verfalls – auf der linken Seite das Goldene Zeitalter des heilen Urzustands und der Blüte versinnbildlicht.

Die Göttin Astraea, eine Tochter Jupiters mit Themis, die innerhalb der Komposition neben Pax die beherrschende Stellung einnimmt, fungiert in der römischen Mythologie als Verkörperung der Gerechtigkeit. Als letzte unter den Göttern war sie der Legende nach vor dem Eisernen Zeitalter in den Himmel geflohen. Mit ihrer Rückkehr bricht nun das friedvolle Goldene Zeitalter an.

 

Die Radierung thematisiert einerseits in allegorischer Verdichtung das Ende des Krieges und seiner Verwüstungen, andererseits widmet sie sich vor allem dem Frieden und dessen günstigen Folgen für das Wiederaufblühen der Künste und des Handels. Die Wappen mögen den Friedensschluss zwischen dem französischen König Ludwig XIV., Kaiser Ferdinand III. und Spaniens König Philipp IV. demonstrieren, der hier somit zu einem weiteren Thema der Allegorie wird, ohne dabei die historischen Personen selbst darzustellen.

Dieser ersehnte Friede wurde jedoch nie geschlossen. Zwar unterzeichneten am 24. Oktober 1648 die Diplomaten des Reiches und Frankreichs den berühmten westfälischen Friedensvertrag – der Krieg Frankreichs mit Spanien wütete dagegen noch über zehn weitere Jahre.

 

Bastian Weisweiler